Bündnis 90 / DIE GRÜNEN
Kreistagsfraktion Alzey-Worms
Kreistagssitzung am 30. 09. 2008
Zu TOP 6: Erwerb eines Anteils an der Energie Dienstleistungs Gesellschaft Rheinhessen-Nahe mbH (EDG)
(Der Antrag wurde mehrheitlich angenommen; dagegen stimmten die CDU und FWG-Fraktionsmitglied Clar)
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Schauen wir in die Vorlage zur Darstellung der Finanzlage des Kreises, so ist da von einer „nahezu explodierenden Preisentwicklung“ bei den Energiekosten die Rede. Wir müssen sie auffangen;...mit geliehenem Geld.
Schauen wir auf unsere privaten Finanzen, dann stellen wir eine ähnliche Entwicklung fest. Immer mehr Privathaushalte können die Steigerung der Energiekosten nicht mehr mit steigenden Einkommen kompensieren.
Fahren wir an eine Tankstelle, dann ergibt sich das gleiche Bild .
Schauen wir auf den Energiebedarf in den kreiseigenen Gebäuden und auf Art und Alter unserer Heizungsanlagen, dann sehen wir einen akuten und kontinuierlichen Investitionsbedarf, den wir nicht ohne neue Kredite decken können.
Schauen wir auf die Börsen, dann stellen wir fest, dass Primärenergien nicht mehr im Rahmen verlässlicher und längerfristig kalkulierbarer Gepflogenheiten gehandelt werden. Sie unterliegen den Mechanismen von ungezügelten Finanzmärkten und Zockermentalitäten. In der vorletzten Woche stieg etwa der Rohölpreis aufgrund von Spekulationsgeschäften um mehr als 20 Dollar innerhalb von nur 24 Stunden. Ein neuer Rekord.
Schauen wir in die Zeitung, dann lesen wir, dass führende Wissenschaftler und der Weltklimarat eine massive Steigerung des weltweiten CO2-Ausstoßes konstatieren, der aktuell selbst die düstersten Prognosen in den Schatten stellt.
Das ist die Gemengelage, innerhalb derer wir Entscheidungen treffen müssen.
Was ist zu tun?
Wir müssen alle Möglichkeiten nutzen um den Energiebedarf zu senken.
Wir müssen unsere Gebäude im Hinblick auf Energieverluste und passive Energienutzung optimieren.
Wir müssen uns schrittweise unabhängiger davon machen unseren Energiebedarf einseitig unter Rückgriff auf Anbietermonopole zu decken.
Wir müssen den Unwägbarkeiten der Rohstoffmärkte entgegen treten, indem wir unseren Bedarf flexibel und im Rahmen starker kommunaler Einkaufsgemeinschaften decken.
Wir müssen Schritte dahingehend unternehmen selbst einen Beitrag zu dezentraler Energieerzeugung und versorgung zu leisten und dabei die Vorteile des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes nutzen.
Wir müssen in Anlagen investieren, die Energie effizienter nutzen.
Wir müssen einen eigenen Beitrag zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes leisten.
Wir müssen in regenerative Energien investieren, und die Energieressourcen der Region, insbesondere der Biomasse, nutzen.
Die Mehrzahl dieser Handlungsnotwendigkeiten können wir mit der geplanten Beteiligung und dem Energiecontracting mit der Energiedienstleistungsgesellschaft erreichen.
Wir beobachten die Geschäftstätigkeit und Entwicklung der EDG seit Jahren. Mehrfach haben wir bereits in der Vergangenheit die Kooperation mit diesem ausschließlich kommunal getragenen und den kommunalen Interessen verpflichteten Unternehmen eingefordert.
Gewinne aus der Einsparung von Energie zu erzielen; das ist, ganz Gegensatz zu Unternehmen mit direkter oder indirekter Beteiligung der Großversorger , das Unternehmensziel der EDG.
Diese Gewinne kommen den Gesellschaftern über Kostensenkungen und Beteiligung gleich doppelt zugute. Je größer die Einsparung, desto größer der Gewinn!
Weiterhin:
- Die EDG leistet die notwendigen Investitionen zur Optimierung unserer Heizungsanlagen ohne zusätzliche Belastung des Kreishaushalts.
- Die EDG bietet ein Energiemanagement ohne die Vorgaben übergeordneter Großversorger.
- Die EDG verkörpert eine hohe Kompetenz auf dem Gebiet des Einsatzes erneuerbarer Energien und des effektiven Einsatzes von Energien.
- Die EDG bildet eine starke kommunale Einkaufsgemeinschaft, die den Energiebedarf flexibel decken kann.
- Die EDG nutzt optimal die Fördermöglichkeiten des EEG und des KWK-Gesetzes.
- Die EDG reduziert unseren Personaleinsatz durch die zentrale Steuerung der Anlagen.
- Die EDG investiert in Projekte der dezentralen Energiegewinnung in der Region von Biomasse bis Photovoltaik. Sie bietet damit nicht nur den beteiligten Kommunen, sondern auch Landwirten und Privathaushalten neue und zukunftsweisende Möglichkeiten.
- Die EDG bietet uns einen marktgerechten Brutto-Wärmepreis unter anderem auf der Grundlage der gegenwärtigen und prognostizierten Effizienz unserer Anlagen an.
- Die EDG tätigt die notwendigen Investitionen unter maßgeblicher Beteiligung der Wirtschaft in der Region.
- Die EDG bindet die Städte und Verbandsgemeinden des Kreises optional in ihre Dienstleistungen ein.
- Die EDG leistet einen nennenswerten Beitrag zum Klimaschutz im Sinne der deutschen Klimaschutzziele. Sie gibt uns perspektivisch die Gewähr Anlagen auf dem neuesten Stand der Technik einzusetzen. Wir setzen damit ein Zeichen, und geben auch für Privathaushalte und Gewerbetreibende einen Anreiz in den Klimaschutz zu investieren.
Die genannten Vorteile erschließen sich nicht in einer alternativen Kooperation mit Anbietern unter maßgeblicher Beteiligung von Großversorgern.
Nicht der Ertrag aus Energieeinsparung ist hier das Unternehmensziel, sondern der Ertrag aus dem Energieverkauf. Je mehr Energie, desto mehr Gewinn!
Selbstverständlich haben auch diese Anbieter das Know-how zum Einsatz klimafreundlicher und sparsamer Anlagen, und sie demonstrieren dies gerne gegenüber dem privaten Verbraucher. Gleichwohl fehlen Anreiz und Wille dies zu tun, weil es dem Unternehmensziel zuwiderläuft. Würden Sie erwarten, dass die Tabakindustrie eine Nichtraucherkampagne durchführt?
Ungeachtet der Risiken einer europaweiten Ausschreibung, die uns einen unbekannten Anbieter bescheren könnte, dessen Interessen wir nicht kennen, müssen wir nur einen Blick auf die ins Spiel gebrachten EWR und EWG werfen. Bei aller Anerkennung für die Leistungen dieser Unternehmen im Landkreis, müssen wir doch feststellen, dass über RWE (50% Beteiligung am EWR) und E.ON (81% Beteiligung an der Thüga, die 38% der EWG-Anteile hält) die Energiekonzerne mit am Tisch sitzen, deren finanz- und energiepolitischen Ziele zu berücksichtigen sind. Es wäre klar woher die Energie kommt, die dann eingesetzt würde. Es ist klar in welchen Anlagen sie erzeugt wird. Es ist auch durchsichtig warum diese Konzerne sich von Anfang an gegen das EEG und das KWK-Gesetz gestellt haben. Energiecontracting dient dem Absatz und Einfluss. Da wird auch mal günstig angeboten, wenn es sich langfristig über Absatzgarantien rechnet. Rekordgewinne in den letzten Jahren machen es möglich. Klimaschutz ist aus unserer Sicht mit dieser Beteiligung nicht zu machen.
Wir befürworten daher eine Beteiligung des Landkreises an der Energiedienstleistungsgesellschaft und das geplante Contracting zu den in der Vorlage genannten Bedingungen. Allerdings bitten wir beim Energiecontracting darauf zu achten, dass die Vereinbarung keine Klauseln enthält, die uns Einschränkungen im Hinblick auf die Bauweise kreiseigener Gebäude auferlegt. Hier muss uns uneingeschränkt die Freiheit bleiben Gebäude nach städtebaulichen, dem Zweck entsprechenden und auch energetischen Gesichtspunkten zu gestalten.
Klaus Becker
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Presseberichte dazu:
26.09.2008:
http://www.main-rheiner.de/region/objekt.php3?artikel_id=3449858
http://www.main-rheiner.de/region/objekt.php3?artikel_id=3450641
29.0908:
http://www.main-rheiner.de/region/objekt.php3?artikel_id=3453529
http://www.main-rheiner.de/region/objekt.php3?artikel_id=3453286
1.10.08:
http://www.main-rheiner.de/region/objekt.php3?artikel_id=3456510
http://www.main-rheiner.de/region/objekt.php3?artikel_id=3457289
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Kreistagsfraktion Alzey-Worms
Kreistagssitzung am 30. 09. 2008
2. Zu TOP 11: Festlegung eines alternativen Standortes für das Mensagebäude
der beiden Gymnasien in Alzey
(Auf Vorschlag des Landrates wurde der Antrag vertagt, um das Planungskonzept für den Mensabau und die Neuordnung der Schulbushaltestellen abzuwarten.)
Wortlaut des Antrages:
Sehr geehrter Herr Landrat,
die Kreisverwaltung prüft derzeit mögliche Standorte für die gemeinsame Mensa von beiden Alzeyer Gymnasien.
Da eine Erweiterung in Richtung Sportgelände aus den verschiedensten Gründen nicht realisierbar ist, die Anfahrt der Busse an den Bushaltestellen durch den Ansturm von hunderten von Schülern sehr gefährlich ist, stellen wir folgenden Antrag:
Das Gelände des befestigten Parkplatzes soll zur Erweiterung des Busbahnhofes und zur Errichtung des Mensagebäudes genutztwerden.
Der Schulgarten bleibt erhalten undsoll als Ort der Erholung zum Mensagelände mit angeschlossen und von beiden Schulen mitbenutzt werden können.
Die Verwaltung soll beauftragt werden, auf kreiseigenem Schulgelände, weitere Parkmöglichkeiten zu untersuchen und diese auch bereitzustellen.
Mit freundlichen Grüßen
Elisabeth Kolb-Noack
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Redebeitrag in der Kreistagssitzung
Warum haben wir diesen Antrag gestellt?
2900 Schülerinnen und Schüler besuchen die beiden Gymnasien. Was Anfahrt, Parken und Bushaltestellen anbelangt, so stimmt die Infrastruktur nicht. Jeden Morgen und Nachmittag kann man Zeuge von lebensbedrohlichen Situationen werden.
Da nun eine Mensa gebaut werden muss, sollten gerade alle Schwachstellen verbessert werden.
Vorteile:
Da die Bushaltestellen besonders gefährlich sind, besteht hier ein großer Handlungsbedarf und wir brauchen eine Gesamtplanung. Ich kann nicht hier eine Hütte oder einen Pavillon hinstellen und sagen, mal sehen wie es weitergeht.
Noch ein Argument bitte ich zu berücksichtigen:
Die Schülerzahlen werden langfristig nicht zurückgehen. Dank Ursula von der Leyen ist in den nächsten 10 Jahren mit einem neuen Boom zu rechnen. Wenn jetzt gebaut wird, dann für die nächsten Generationen, denn die Ganztagsschule ist längst gesellschaftlich akzeptiert.
Elisabeth Kolb-Noack
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Pressebericht dazu:
02.10.08
http://www.main-rheiner.de/region/objekt.php3?artikel_id=3458926
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Kreistagssitzung am 30. 09. 2008
3. Zu TOP 1: Nachtragshaushaltssatzung / Nachtragsstellenplan Haushaltsjahr 2008
Stellungnahme zur Finanzsituation des Landkreises
Auch wenn keine Notwendigkeit gesehen wird einen Nachtragshaushalt zu verabschieden, so möchte ich dennoch ein paar Sätze zur gegenwärtigen Finanzsituation des Kreises sagen.
Eine Verschlechterung von 0,41% bezogen auf den Ursprungshaushalt mag in der Tat nicht viel sein. In der Vorlage wird der Begriff „marginal“ verwendet. Marginal heißt nebensächlich oder unbedeutend. Das mag man so sehen. Gleichwohl müssen wir uns fragen, ob nicht auch eine Summe von immerhin 538T€ von Bedeutung ist. Sie steht für eine Finanzlage des Kreises, die angesichts einer stetig steigenden Verschuldung keinen Silberstreif am Horizont offenbart.
„Wo soll das alles hinführen?“ Diese Frage hören wir immer wieder quer durch alle Fraktionen, wenn wir allgemein über Haushaltsfragen oder im Einzelfall etwa über die regelmäßig wiederkehrende Verteuerung von Baumaßnahmen beraten. Die Frage impliziert einen gewissen Fatalismus. Und dennoch wissen wir, dass wir die Hände nicht in den Schoß legen können. Das haben wir auch in der Vergangenheit nicht getan. Immer wieder haben wir den Haushalt im Hinblick auf Einsparungen durchforstet, haben die vielen durchaus notwendigen Baumaßnahmen abgespeckt, haben die Verwaltungsstruktur und die Auslastung von Personalstellen überprüft. Das war richtig, aber der große Wurf ist uns nicht gelungen.
Die Ursachen für die Misere liegen im System. Sie liegen in der Verteilung des Umsatzsteueraufkommens, liegen im Finanzausgleich auf Bundes- und Landesebene, und sie liegen ganz wesentlich in Mainz. Wenn wir die Finanzsituation der Landkreise im bundesweiten Vergleich betrachten, dann lässt sich unschwer feststellen, dass diese vor allem in Rheinland-Pfalz besonders dramatisch ist. In der Antwort auf unsere Resolution vom Februar dieses Jahres weist gerade das Bundesinnenministerium auf diesen Umstand hin, wenngleich sich auch der Bund inzwischen fragen lassen muss, ob nicht mit Solidaritätszuschlag und „Fonds deutsche Einheit“ falsche Weichenstellungen erfolgen und Schieflagen der öffentlichen Haushalte produziert werden.
Dennoch, unser Blick geht nach Mainz. Die Landesregierung ist hauptverantwortlich für die Lage der Kreise, vom lange ausgesessenen Konnexitätsprinzip über den kommunalen Finanzausgleich bis zur Vorfinanzierung von Landeszuschüssen. Wir erwarten, dass parteiübergreifend der Anteil der Landesregierung an der Entwicklung deutlich benannt wird. Hier gibt es aus parteipolitischer Rücksichtnahme eine viel zu große Zurückhaltung, die sich in den kommunalen Resolutionen, wie auch in den Verlautbarungen des Landkreistages widerspiegelt. So kommen wir nicht weiter, wie die zurückliegenden Jahre zeigen. Wir stehen als der mit der höchsten Pro-Kopf-Verschuldung in Rheinland-Pfalz behaftete Landkreis mit dem Rücken zur Wand. Es wird Zeit für Klartext an die Adresse der Landesregierung. Wer dazu den Mut nicht hat, macht sich in der Tat mitschuldig.
Und noch ein Aspekt: Wenn wir nach unten treten, und die Gemeinden mit Kreisumlageerhöhungen belasten, dann können diese völlig zu Recht erwarten, dass wir nicht nach oben buckeln. Diese „Radfahrermentalität“ muss ein Ende finden.
Zur Finanzsituation im Einzelnen:
- Was die explodierende Preisentwicklung im Bereich der Energieversorgung anbelangt, so kann dies jeder in seinem privaten Bereich nachvollziehen. Wer auf ein Belieferungsmonopol angewiesen ist, wer die Mittel zu Investitionen nicht hat, der sieht in der Tat alt aus. Dem Landkreis geht es genau so. Die erforderlichen Investitionen können nur durch neue Schulden getätigt werden. Die Mittel der Wahl heißen: Energieeinsparung, effizienterer Energieeinsatz, Flexibilität in der Versorgung und Nutzung aller Fördermöglichkeiten. Hier sehen wir den Landkreis mit der beabsichtigten Beteiligung an der EDG auf dem richtigen Weg.
- Im Sozialbereich sind deutliche Entlastungen zu verzeichnen, die vor allem auf die Abnahme der Zahl der Bedarfsgemeinschaften zurückzuführen ist. Führen wir dies allein auf konjunkturelle Effekte und eine restriktive Handhabung der Leistungsgewährung zurück, dann greift dies zu kurz. Festzustellen ist vielmehr, dass die ARGE zunehmend auf individuell angepasste Maßnahmen setzt. So unterschiedlich die Ursachen der Hilfebedürftigkeit sind, so unterschiedlich müssen auch die Ansätze sein, um Bedarfsgemeinschaften und Einzelpersonen aus der Bedürftigkeit herauszuführen. Das Prinzip kennen wir aus der Jugendhilfe, wo wir ebenfalls durch die Entwicklung einer Vielzahl fallgerechter Konzepte und Maßnahmen Erfolge verzeichnen konnten. Das funktioniert zumindest so lange, wie nicht mehr Fälle nachwachsen, als wir gleichzeitig erfolgreich abschließen können. Die ARGE ist hier auf dem richtigen Weg, auch wenn es immer wieder Rückfälle und Überreaktionen in der Praxis gibt, die Bedürftigkeit verschärfen und zementieren, statt Wege zu einem von öffentlichen Transferleistungen unabhängigen Leben zu weisen.
- Ich will beim angesprochenen Nachwachsen von Fällen bleiben, wie wir sie aktuell im Bereich der Jugendhilfe beobachten. Kostensteigerungen von insgesamt über 900T€ sind kein „Pappenstiel“. Wenn hier auf die „anhaltende Kinderschutzdiskussion“ verwiesen wird, so halten wir diesen Hinweis für makaber. Ungeachtet des Mehraufwands für die Verwaltung in der Verfolgung von teilweise vielleicht voreiligen und ungerechtfertigten Hinweisen auf die Gefährdung von Minderjährigen, halten wir die konsequente Umsetzung des Kinderschutzes für notwendig und überfällig. Die Kindeswohlgefährdung entsteht nun einmal im Verborgenen. Die Steigerung der Fallzahlen belegt gerade, wie notwendig es war in diesen Fällen einzugreifen, und wie wertvoll es war die Sensibilität in der Öffentlichkeit zu schärfen.
- Völlig berechtigt ist in der Jugendhilfe wie auch im Bereich der Grundsicherung der Hinweis auf die sozio-strukturellen Belastungsfaktoren. Diese generieren einen stetigen Zufluss neuer und kostenintensiver Fälle. Auch wenn wir diese in der Folge mit der Entwicklung neuer, und für den Einzelfall maßgeschneiderter Instrumente effektiver bearbeiten, so gilt es dennoch an den Belastungsfaktoren anzusetzen, die nicht nur Folge höherer Gewalt, sondern auch hausgemachter Versäumnisse sind. Wir kommen an einer verstärkten Prävention nicht vorbei, wenn wir langfristig Entlastungen erzielen wollen.
- Die Erfahrungen zeigen: Gefährdungslagen und Bedürftigkeit entstehen ganz überwiegend im sozial randständigen Bereich. Sie gehen einher mit Suchterkrankungen, Überschuldung, gesundheitlichen Defekten und der Überlastung von Familien. So wie wir in der Bearbeitung der Einzelfälle nicht nach „Schema F“ Erfolge erzielen, so werden in der Prävention keine Erfolge haben, solange wir nach dem Gießkannenprinzip, ohne Konzept und Steuerung hier und da einmal ein isoliertes oder ein formal auf die Allgemeinheit zielendes Projekt auf den Weg bringen. Was wir brauchen sind sozialräumliche, zielgruppengerechte und sozialintegrative Ansätze, die wir konsequent im Rahmen eines abgestimmten Konzepts verfolgen. Der Entstehung und Verfestigung sozialer Brennpunkte gilt es ebenso entgegen zu wirken wie der sozialen Isolation, der Entwicklung von Parallelgesellschaften und der Chancenungleichheit junger Menschen. Es gilt förderliche Strukturen vor Ort zu entwickeln, dort, wo die Probleme entstehen. Nur so wird es gelingen die Zahl behördlicher Interventionen im Einzelfall zu kanalisieren, und die Auswirkungen auf die Finanzen des Landkreises positiv zu gestalten. Was wir beispielsweise brauchen ist Gemeinwesenarbeit in einzelnen Sozialräumen, ist ein Integrationskonzept für Migranten (jedes 3. im Kreis geborene Kind hat inzwischen einen Migrationshintergrund). Was wir brauchen sind Präventionskonzepte für ältere Mitbürger lange vor dem Eintritt in die Pflegebedürftigkeit, sind familienentlastende Angebote über die Bereitstellung von Betreuungsmöglichkeiten hinaus. Dazu gehört Mut und ein Umdenken. Es genügt nicht auf die Gesellschaft allgemein oder auf übergeordnete Zuständigkeiten zu verweisen. Wir müssen uns auch an die eigene Nase fassen.
Klaus Becker
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Bündnis 90 / DIE GRÜNEN
Kreistagsfraktion Alzey-Worms
Kreistagssitzung am 30. 09. 2008
4. Zu TOP 2: Feststellung des Jahresabschlusses 2007 des Abfallwirtschaftsbetriebes des Landkreises
Redebeitrag:
Die Bilanz ist insgesamt erfreulich. Bei den Mehreinnahmen bei Papier und Schrott handelt es sich um erwirtschaftete Gewinne.
Wir sehen hier deutlich, dass durch die weltweite Rohstoffknappheit aus dem Abfall ein Wertstoff wird, mit dem man ganz gut Geld verdienen kann.
Werden also Eisen und Metall beim Kreis abgeliefert, steigen bei uns die Einnahmen und die Gebühren bleiben stabil. Gebe ich diesen Wertstoff an ein privates Unternehmen, so hat der Kreis weiniger Einnahmen und andere verdienen. So einfach ist das Gesetz der Straße,
der Schrotthändler kommt und nimmt alles mit.
Unsere Forderungen lauten:
Der Abfallwirtschaftsbetrieb muss in einen Wettbewerb treten.
Elisabeth Kolb-Noack