Stadtratsfraktion Alzey
Die Fraktion besteht aus:
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Tel.: 06731-7316
Detlev Neumann
(Frakionssprecher)
Am Grün 9
55232 Alzey
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Ortsverband Alzey

gruene-stadtrat-alzey(at)kabelmail.de

Gestaltungssatzung:

Änderungsvorschläge

Gestaltungssatzung: Änderungen erforderlich


Die Stadt Alzey überarbeitet ihre Gestaltungssatzung neu: "Gestaltungssatzung zur Bewahrung des historisch gewachsenen Stadtbildes". Die GRÜNEN im Stadtrat haben Änderungen für die neue Satzung vorgeschlagen.

Die gültige Satzung soll in ihrem Geltungsbereich deutlich erweitert werden, auch werden die Festsetzungen sehr viel umfangreicher sein als bisher (der Entwurf ist noch nicht über die Seite der Stadt Alzey verfügbar - Stand 06.03.12).

Die GRÜNEN haben sich von Anfang ihrer poltischen Aktivitäten an für die Erhaltung des Stadtbildes eingesetzt. In jüngster Zeit bei einzelnen Gebäuden z.B. für das zwischenzeitlich abgerissene ehemalige Haus Bayer bei der Stadthalle, für das "Haus Lehne" in der Spießgasse 85 und das Anwesen "Prinz Emil" (Spießgasse 65). Auch weitere Maßnahmen im Rahmen der Stadtsanierung wurden unterstützt.

Der Entwurf für eine neue Gestaltungssatzung enthält in der Begründung und in den Festsetzungen Passagen, die nach Auffassung der GRÜNEN geändert werden müssen. In einer Pressemitteilung vom 04.03.12 findet sich eine Zusammenfassung. Die Änderungsvorschläge folgen anschließend.

Pressemitteilung:

Die GRÜNEN im Stadtrat haben Änderungsvorschläge für den Entwurf einer neuen Gestaltungssatzung vorgelegt. Sie beziehen sich auf den Geltungsbereich der Satzung, die Begründung und auf einzelne Festsetzungen, u.a. bei Maßnahmen der Wärmedämmung an Fassaden und der Nutzung von Photovoltaik-Anlagen, wenn die Flächen vom öffentlichen Raum aus sichtbar sind.

Der Geltungsbereich der aktuell gültigen Satzung sollte sich an dem der gültigen Satzung orientieren. Seine vorgesehene große Ausdehnung bringe wegen der unterschiedlichsten Architekturepochen und -stile zukünftig noch mehr Probleme bei der rechtssicheren Definition der gestalterischen Grundsätze mit sich. Wegen dieser oft gegensätzlichen architektonischen Vielfalt sollten baugeschichtlich bedeutsame Gebäude bestimmt werden. Grundlage solle die Denkmalliste des Kreises sein.

Auf irreführende Formulierungen wie „Charakter einer mittelalterlichen Stadt“ oder die Verknüpfung von Rossmarkt und römischem Vicus sollte verzichtet werden.

Die Vorschriften zur Gestaltung der Fenster sind für die GRÜNEN zu restriktiv. Um soziale Härten zu vermeiden, sollten z.B. neben Sprossenfenstern, die erhebliche Mehrkosten verursachen, auch gleichwertige optische Lösungen zulässig sein.

Balkone und Loggien sowie Vorbaurollläden sollten bei Neubauten ohne Einschränkungen zulässig sein. Es gebe zahlreiche positive Beispiele bei zeitgenössischen Gebäuden.

Bei Maßnahmen der Wärmedämmung sollen plastisch wirksame Fassadengliederungen und Schmuckelemente erhalten werden. Falls eine energetische Sanierung diese überdecken oder beeinträchtigen würde, solle eine stilgerechte Erneuerung zulässig sein. Falls an baugeschichtlich bedeutsamen Gebäuden eine Außendämmung nicht möglich ist (Fachwerkfassaden, wertvolle Fenstergewände, Ziergiebel, Klinker, Natursteinsockel u.Ä.), sollen Hinweise auf Verfahren der Innendämmung aufgenommen werden.

Bei der Photovoltaik sollen Einschränkungen entfallen. Maßstab solle die Gesetzeslage und die Rechtsprechung sein. Der Standpunkt, diese Anlagen wären mit den „aktuell zur Verfügung stehenden Techniken und Materialien optisch nicht mit dem historischen Erscheinungsbild der Stadt Alzey vereinbar“ ist nicht begründet und nicht zeitgemäß. Die Kreisverwaltung habe darauf hingewiesen, dass ein Verbot von Solaranlagen in Gestaltungssatzungen rechtlich fragwürdig und zu überprüfen ist. Gegebenenfalls werde die Bauaufsichtsbehörde Anlagen genehmigen müssen.

Die Grünen sehen in den geplanten drastischen Einschränkungen bei der energetischen Gebäudesanierung und der Nutzung der Photovoltaik große Widersprüche zum Alzeyer Klimaschutzkonzept, das zur Zeit erarbeitet wird. Die Belange des Klimaschutzes sind in den Staatszielbestimmungen des Art. 20 a GG und Art. 69 Landesverfassung Rheinland-Pfalz verankert. Daher sind diese Belange auch in Fragen des Denkmalschutzes entsprechend zu gewichten.


Anregungen der GRÜNEN für die neue Gestaltungssatzung:

§ 1

Räumlicher Geltungsbereich

Der Bereich sollte sich an dem der geltenden Gestaltungssatzung orientieren. Die vorgesehene Ausdehnung bringt wegen der heterogenen Architektur Probleme bei der rechtssicheren Definition der gestalterischen Grundsätze mit sich. Auch der Bereich der bestehenden Satzung ist städtebaulich schon so unterschiedlich gewachsen, dass in bestimmten Bereichen verschiedene Begründungen des Satzungsentwurfs nicht stichhaltig sind und die Festsetzungen kaum umsetzbar sein werden (Hospitalstraße u. andere Bereiche mit neuzeitlicher Bebauung)

Unabhängig von der Größe des Geltungsbereichs ist damit zu rechnen, dass eine Fülle von Ausnahmeanträgen von Verwaltung und Ausschuss in Einzelfallprüfungen zu bearbeiten und zu genehmigen sein wird: mehr Bürokratie, mehr Aufwand, mehr juristischer Streit.


Begründung zu § 1

1) Die Struktur der Straßen und Plätze vermittelt noch heute den

Charakter einer mittelalterlichen Stadt.“


Vorschlag: streichen

Begründung:

Der Begriff „Charakter einer mittelalterlichen Stadt“ zeichnet ein unzutreffendes Bild.

Der Charakter der Stadt wird durch die bestehende Architektur bestimmt. Die Architektur im Geltungsbereich ist überaus heterogen, stammt aus den unterschiedlichsten Epochen vor allem nach dem Mittelalter bis in die Gegenwart.

Insofern ist ein auch noch mittelalterlich geprägtes Stadtbild wie etwa in Rothenburg ob der Tauber oder Alsfeld in Alzey nicht gegeben. Der Bezug auf das Mittelalter kann daher kein zentraler Begriff einer Alzeyer Gestaltungssatzung sein. Dieser Bezug wird mehrfach im Entwurf hergestellt.

Der Verweis auf die vorgeblich mittelalterliche Struktur der Straßen und Plätze lässt außer Acht, dass im ganzen Geltungsbereich mehrheitlich neuzeitliche Straßenstrukturen entstanden sind – zuletzt die Hospitalstraße.


1a) "Der Kreuzungspunkt „Rossmarkt“ verweist darüber hinaus auf den Grundriss der römischen Provinzstadt "Vicani Altiaienses".

Vorschlag: streichen

Begründung:

Redaktionelle Anmerkung: Der Name der römischen Stadt wird mit „vicus Altiaiensis“ oder „vicus altiaiensum“ rückgeschlossen, da nicht überliefert. Der im Nymphenaltar von 223 n.Chr. dokumentierte Begriff „Vicani Altiaienses“ bezeichnet die Einwohner des vicus, die in der Inschrift des Altarsteins als dessen Stifter benannt sind.

Inhaltliche Anmerkung: Der vicus befand sich allerdings nicht am späteren Rossmarkt, einem Zentrum des nachrömischen Alzey, sondern die römische Siedlung lag nördlich und östlich vom römischen Kastell (vermutlich im Bereich Schießgraben – Burg -Schlossgasse ab Burg Gartenstraße – Dr.-Georg-Durst-Str. - Harpendenstr. - Josselinstr. – Am Sprauberg).

Die nachrömische Hauptsiedlung wurde im frühen Mittelalter von der Höhe ins Tal verlegt und mit dem Salhof neu begründet.


1b) "Die Vielzahl der Gebäude stammt aus dem 18. Jahrhundert.“

Vorschlag: streichen

Begründung:

Diese Aussage ist pauschal und damit unzutreffend; Ersatzvorschlag s. u.

Zur bauhistorischen Würdigung sollte deutlicher auf die Liste „Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler Kreis Alzey-Worms“ Hg. Generaldirektion kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (Stand August 2011), Bezug genommen werden. Hier sind die einzelnen Objekte benannt, lokalisiert und kurz beschrieben. Hier wird auch die baugeschichtliche Vielfalt der Objekte im Stadtbereich deutlich.

Diese Liste bzw. die Objekte im Geltungsbereich soll nach Möglichkeit als Anlage (Liste und Lageplan) in die Satzung aufgenommen werden.

Vorschlag (ggf. sinngemäße Formulierung):

„Das Stadtbild weist eine beachtliche Zahl kulturgeschichtlich bedeutsamer Denkmäler aus unterschiedlichen Epochen auf, einige mittelalterlichen Ursprungs, besonders aber aus denen seit der Neuzeit.

Die Liste „Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler Kreis Alzey-Worms“, Hg. Generaldirektion kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (Stand August 2011), führt diese Objekte im Einzelnen auf. Dies sind die bedeutsamen Bauten im Sinne von § 2 dieser Satzung.

Die Liste dieser Objekte mit Lageplan ist Bestandteil dieser Satzung (Anlage …).“


§ 2

Ziel und Zweck

Vorschlag:

Teilweise Übernahme aus geltender Satzung und ergänzen nach „Diese Satzung … Bauten, Straßen und Plätze.“:

Bei Um- und Neubauten werden besondere Anforderungen entsprechend dieser Satzung gestellt.

Ohne damit notwendige Veränderungen und Verbesserungen für die Bewohner des Stadtkerngebietes, insbesondere im sozialen Gefüge, verhindern zu wollen, ist es der Sinn dieser Satzung, dafür zu sorgen, dass erhaltenswürdige Bausubstanz nicht zerstört wird, und sowohl Veränderungen als auch Neubauten maßstabsgerecht und stilgerecht eingeordnet werden. Hierbei ist auch Raum für moderne Architektur und ihre Sprache.


§ 5.4

Balkone und Loggien

Es gibt positive Beispiele der zeitgenössischen Architektur. Bei Neubauten sollten diese Festsetzungen nicht gelten. Auch die Architektursprache entwickelt sich weiter.

§ 5.5

Wärmedämmung

"Auf den dem öffentlichen Straßen und Platzraum zugewandten Fassaden sowie den von dort sichtbaren sonstigen Fassaden dürfen nachträglich angebrachte Wärmedämmungen keine plastisch wirksamen Fassadengliederungen und Schmuckelemente überdecken oder in ihrer plastischen Wirkung wesentlich beeinträchtigen.“

Die Festsetzung ist undifferenziert und berücksichtigt nicht die bestehende städtebauliche Vielfalt. Hier müssten baugeschichtlich bedeutende Objekte benannt werden; sinnvollerweise in Anlehnung an „Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler Kreis Alzey-Worms“

Auch bei Fassadendämmungen können stilgetreu plastisch wirksame Fassadengliederungen und Schmuckelemente angebracht werden.

Formulierungsvorschlag:

„Auf den dem öffentlichen Straßen und Platzraum zugewandten Fassaden sowie den von dort sichtbaren sonstigen Fassaden sollen bei nachträglich angebrachten Wärmedämmungen an baugeschichtlich bedeutsamen Gebäuden p lastisch wirksame Fassadengliederungen und Schmuckelemente erhalten oder stilgerecht erneuert werden.“

Naturstein- Klinker-, Fachwerkfassaden:

Nicht jede Klinkerfassade ist einmalig und erhaltenswert. Auch hier gilt: Es müssten baugeschichtlich bedeutende Objekte benannt werden.

Möglichkeiten z.B. Dämmklinker zu verwenden, müssen zulässig sein. Hier sind stilgetreue Dämmungen möglich.

Für Fälle, in denen eine Außendämmung nicht möglich ist (speziell bei Fachwerkfassaden), sind Hinweise auf Verfahren der Innendämmung aufzunehmen. In der geltenden Satzung ist das andeutungsweise der Fall. Damit können Lösungswege aufgezeigt werden. Die Formulierungen im Satzungsentwurf klingen nach einer generellen Ablehnung von Wärmedämmung. Das kann sich die Stadt Alzey nicht leisten.

Wärmedämmung im Altbaubestand kann notwendig sein, um einen schlechten energetischen Zustand eines Gebäudes auf ein zeitgemäßes Niveau zu bringen. Das wird in Zukunft auch auf die Nutzbarkeit / Vermietbarkeit von Gebäuden entscheidend beeinflussen.

Die Vorgaben der EnEV 2009 regeln energetische Maßnahmen und eine lokale Satzung muss diese Vorgaben im Blick haben.


§ 5.6

Fenster

Zu Abs. 1:

Moderne Architektur weist auch andere Fensterformate als hoch-rechteckig auf. Sie existieren im Bestand in Alzey. Entscheidend ist die Stimmigkeit im Gebäude.

Das Format hoch-rechteckig sollte auf Gebäude im historischen Bestand beschränkt werden, die dieses Format ursprünglich aufweisen.

Zu Abs. 2 u. 3:

Die Festsetzungen in § 5.6 (2) u. (3) bezüglich einer Unterteilung von Fenstern ab 1,2 qm Fensteröffnung bringen einen erheblichen Kostenaufwand für zweiflügelige Fenster, zweiflügelige mit Oberlicht oder Sprossenfenster mit sich.

Vorschläge:

Es sollen daher für Unterteilungen von Fenstern neben den konstruktiven auch gleichwertige optische Lösungen zulässig sein.

Die Glasfläche, ab der Fenster unterteilt werden sollen, soll gemäß der geltenden Satzung auf 1,5 qm festgelegt werden.

Begründung:

Viele Hauseigentümer, besonders in Gebieten, in denen die „kleinen Leute“ leben, dürften ökonomische Schwierigkeiten bekommen, wenn sie diese Festsetzungen umsetzen und finanzieren müssten.

Das würde mittel- und langfristig dazu führen, dass notwendige energetische Sanierungen der Fenster unterbleiben und birgt die Gefahr in sich, dass per Satzung nach und nach ein sozialer Verdrängungsprozess eingeleitet wird. Soziale Aspekte sind zu berücksichtigen und Härten zu vermeiden.

Eine Härtefallklausel soll daher in die Satzung aufgenommen werden.

5.10

Rollläden/Jalousien

Zumindest bei Neubauten sind Vorbaurollläden zu akzeptieren. Sie vermeiden Wärmebrücken. Bei Neubauten können sie auch zur Fassadengestaltung eingesetzt werden. Dies wäre in der Satzung zu regeln.

§ 6.4

Solaranlagen

Auf diese Festsetzungen wird verzichtet.

Die Belange des Klimaschutzes sind in den Staatszielbestimmungen des Art. 20 a GG und Art. 69 Landesverfassung Rheinland-Pfalz verankert. Daher sind diese Belange auch in Fragen des Denkmalschutzes entsprechend zu gewichten. Das ist die jüngste Rechtsprechung. (s. dazu auch Bericht „Städtische Liegenschaften Photovoltaik-Anlagen“).

Die verstärkte Nutzung von Solarenergie ist zu fördern. Die Stadt Alzey entwickelt ein Klimaschutzkonzept, bei dem auch die Solarenergie eine bedeutende Rolle spielt. Es wäre kontraproduktiv, nun in einem großen Teil der Stadt die Nutzung der Solarenergie durch die Festsetzungen des § 6.4 Abs. 1 u. 2 teilweise zu untersagen oder zu beschränken.

Der Standpunkt, diese Anlagen seien mit den „aktuell zur Verfügung stehenden Techniken und Materialien optisch nicht mit dem historischen Erscheinungsbild der Stadt Alzey vereinbar“ ist nicht begründet und nicht zeitgemäß.

Die Anschauungen über die Notwendigkeit der vermehrten Nutzung regenerativer Energien haben sich gewandelt und es hat sich eine positive Grundeinstellung zur Nutzung erneuerbarer Energien entwickelt. Dies macht sich auch in der Wahrnehmung und ästhetischen Einschätzung der Anlagen bemerkbar. Außerdem gibt es mittlerweile Panels, die farblich an die Ziegeln angepasst sind.

Bestehende Solaranlagen zeigen, dass sie kein Fremdkörper im Stadtbild sind, sie gehören zum normalen Erscheinungsbild.

Solaranlagen auf oder an Gebäuden sind nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 d der LBauO genehmigungsfrei.

Die Kreisverwaltung hat mit Schreiben vom 08.09.2011 (Anlage) an die Städte und Verbandsgemeinden im Landkreis darauf hingewiesen, dass ein Verbot von Solaranlagen in Gestaltungssatzungen rechtlich fragwürdig und zu überprüfen ist. Gegebenenfalls werde die Bauaufsichtsbehörde Anlagen genehmigen müssen.

In Weinheim wurde kürzlich eine Solaranlage auf dem Georg-Neidlinger-Haus im Bereich der Weinheimer Gestaltungssatzung genehmigt, da keine Handhabe einer Ablehnung besteht und auch keine Beeinträchtigung festzustellen ist.

Hier sollte die Landesbauordnung der Maßstab sein. Entsprechend wird nach einem Beschluss des Ausschusses für Bauen und Umwelt vom 29.9.11 auch bei Fragen von Garagen und Carports verfahren.

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