Redebeitrag im Stadtrat, 15.11. 2010:
Für die Stadt Alzey wird nach Zustimmung zu einer Beschlussvorlage der Verwaltung ein Energiekonzept in Auftrag gegeben. Die Studie soll an das Leipziger Institut für Energie GmbH (IE Leipzig) vergeben werden. Das Institut gehört über ein Tochterunternehmen jeweils zur Hälfte der Stadt Hamburg und der TU Hamburg-Harburg.
Der Auftrag wird allerdings nicht von der Stadt Alzey, sondern von der Energie- und Wasserversorgungs GmbH (EWG) vergeben.
Hier der Redebeitrag.
Bündnis 90/Die Grünen
Stadtratsfraktion
Ratssitzung am 15.11. 2010, TOP I/11 Regionales Energiekonzept
Von dieser Tischvorlage doch sehr positiv überrascht.
Vor allem nach dem Vortrag des thüga-Vertreters im Älstenausschuss
zum Energiekonzept Wiesbaden im April. Das war doch ziemlich wolkig.
Zunächst mal ein paar Worte zum Auftragnehmer selbst:
Wir haben es hier mit einem seriösen Unternehmen zu tun.
Das Leipziger Institut für Energie gehört ja über ein Tochterunternehmen
jeweils zur Hälfte der Stadt Hamburg und der TU Hamburg-Harburg.
Wir gehen davon aus, dass hier mit viel Herzblut gearbeitet wird, da es
dem universitären Bereich nahe steht.
Das lässt auch die Referenzliste vermuten. Hier nur das Klimaprogramm
für Würzburg nennen, mit seinem Ziel der CO2-Reduzierung um 50
Prozent bis 2020.
Das ist schon sehr ambitioniert.
Auch das Konzept ist schlüssig, mit den drei Projektphasen und Modulen
klar strukturiert.
Zunächst erfolgt ja eine Ist-Analyse. Hier werden Daten zusammen
getragen zu Energieverbrauch und CO2-Ausstoß. Unterteilt nach 5
Verbrauchssektoren (Haushalte, Gewerbe und Handel, Industrie usw).
Bezogen auf das Jahr 1990. Dieses Jahr gilt beim Kyoto-Protokoll, den
Reduktionszielen von OECD, EU, dem Bund als Basisjahr. D.h. im Jahr
2020 kann die Stadt ungefähr abschätzen, ob die eigenen Einsparziele
erreicht wurden.
Unsere Anfrage zum Energiekonzept der rhenag von 1992 hat ja
ergeben, dass wir heute gar nicht wissen, wie hoch der CO2-Ausstoß der
Stadt ist.
Die letzte Zahl stammt von 92: Damals lagen die CO2-Emissionen bei
54.000 Tonnen aus der Wärmeversorgung. Für den Stromverbrauch gab
es keine Zahl.
Ohne Datengrundlage stochert man im Nebel. Da ist nichts verifizierbar.
In Phase 2 des Projekts werden dann die Einsparpotenziale ermittelt.
Hier werden genannt: Der Gebäudebestand, dezentrale Strom- und
Wärmeerzeugung, Erneuerbare Energien.
Da wird es um Wärmedämmung, weitere Nahwärmenetze, Solar- und
Windenergie gehen.
Wir hoffen aber auch, dass die Potenziale an Biomasse und evtl. auch
Geothermie untersucht werden, da das IE Leipzig ja dem Deutschen
Biomasse Forschungszentrum nahe steht.
Und all diese Punkte werden auf betriebswirtschaftliche Machbarkeit
untersucht.
In Phase 3 soll das Konzept auf eine breite Basis gestellt werden.
Die drei Workshops mit Beteiligung externer Akteure bewirkt hoffentlich,
dass es mit Leben gefüllt wird,
dass nicht der Endbericht anschließend in einer Schublade
verschwindet.
So wie das ja leider beim Konzept von 1992 der Fall war.
Deshalb ist dieser Diskussionsprozess wichtig, der auch hoffentlich
intensiv von der Presse begleitet wird.
Auch der zeitliche Ablauf ist klar strukturiert. Nach 7 Monaten wird der
Endbericht auf dem Tisch liegen.
Noch ein Wort zu den Kosten. Das wurde ja schon im Finanzausschuss
angesprochen. Das Konzept kostet die EWG 50.000 €. Dieses Geld ist
gut angelegt.
Wir können dadurch zur Einsparung von Energiekosten kommen und
durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien die städtischen
Einnahmen verbessern.
Zwei praktische Beispiele wurden ja letzte Woche in der AZ beschrieben.
Eine trug den treffenden Titel “Neue Technik spart Geld und Energie“.
1. Die Weihnachtsbeleuchtung: Sie wird nach 10 Jahren abbezahlt
sein, danach verursacht sie nur noch geringe Stromkosten.
2. Das neue Nahwärmenetz der Rhh-Fachklinik. Jährliche Einsparung
an Energiekosten in Höhe von 400.000 Euro. Nach ca. 15 Jahren
sollte sich die Investition amortisiert haben.
Die Einnahmeverbesserungen durch den Ausbau der Kapazitäten bei
Solar- und Windenergie haben wir hier ja vor kurzem mal dargestellt.
Wir hatten ja beantragt einen Effekt-Check von ABO-Wind erstellen zu
lassen. Der wäre zwar kostenlos gewesen. Hätte aber auch nur eine
grobe Potenzialanalyse gebracht. Das hier vorliegende Angebot ist weit
besser und konkreter.
Erlauben Sie hier noch einen kurzen Rekurs.
Die Diskussion um ein Energiekonzept für Alzey hat ja schon einige
Kapriolen hinter sich.
Bereits Mitte der 80-er Jahre hat unsere erste Fraktion (Galle / Neyer)
beantragt, das Öko-Institut mit der Erstellung zu beauftragen. Das wurde
damals abgelehnt.
Stattdessen erhielten rhenag und EWG den Auftrag. Zu diesem Konzept
von 1992 hatten wir ja im letzten Jahr eine Anfrage gestellt.
Und jetzt, ca. 30 Jahre nach Einstieg in die Diskussion, erteilen EWG
und thüga den Auftrag für ein externes Gutachten.
Und das ist auch richtig so. Denn das Thema ist äußert komplex, es
muss gut kommuniziert werden, um viele Akteure ins Boot zu holen. Das
erfordert Erfahrung und Knowhow.
Das Ganze zeigt, dass unsere Vorschläge der letzten 3 Jahrzehnte so
falsch nicht waren.
Es zeigt aber auch, dass bei EWG und Verwaltung ein Umdenken
stattgefunden hat.
Beispiele sind die Nahwärmeversorgung um die Kita Pfalzgrafenstraße,
die beiden geplanten Kitas in energieeffizienter Bauweise, die hoffentlich
bald erfolgende Bestückung städtischer Dächer mit PV-Anlagen, den
Ausbau bei der Windenergie, das Beleuchtungskonzept.
Wir danken der EWG für die Vergabe dieses Auftrags.
(Jochen Hinkelmann)