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Bebauungsplan Kalkofen Alzey -

BUND fordert Moratorium

Planung mit sozialer Schieflage

(Pressemitteilung)

Zur Änderung des Flächennutzungsplans „Am Kalkofen-Sonnenberg“ hat die Kreisgruppe Alzeyer Land im Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) ablehnend Stellung bezogen und fordert ein Moratorium, ein Innehalten und Nachdenken.

Der Kalkofen selbst und sein landwirtschaftlich eher geringwertiges Umfeld stellen ein wertvolles, rheinhessentypisches Gelände für den Erhalt und die Entwicklung von Pflanzen und Tieren trocken-heißer Standorte dar, wie der Name Sonnenberg schon verrät. Der „Steinbruch“ selbst und seine Ränder haben sich durch ungesteuerte natürliche Entwicklung zu wertvollen Strukturen als Brut,- Rast- und Nahrungsraum für viele Tiere entwickelt. Das gilt auch für die angrenzenden, wenig ertragreichen landwirtschaftlichen Flächen, die ebenfalls künftig überbaut werden sollen. Die hierfür vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen nehmen allerdings wesentlich bessere Böden in Anspruch.

Das Stadtgebiet Alzey und die umliegende Landschaft sind relativ arm an naturnahen, extensiv bewirtschafteten Strukturen. Das führt zu einer Verarmung und Schwächung der natürlichen Nahrungskette als Grundlage für Artenvielfalt und damit auch der Attraktivität für die städtische Naherholung.

Denn Schwalben, Singvögel und Schmetterlinge leben nicht von Zuckerrüben, Wein oder Getreide. Und der BUND will wie der Gesetzgeber und viele Menschen auch, belebte, vielfältige Landschaften. Deshalb kommt solchen Standorten im artenarmen Umfeld Alzeys besondere Bedeutung zu.

Weiterhin führt die Lage des Baugebiets zu erheblichen Belastungen des Landschaftsbildes über die Stadtgrenzen hinaus. Die Verfüllung des „Kalksteinbruchs“, seine Bebauung auch auf den umliegenden Flächen wäre ein erheblicher Eingriff in Natur und Landschaft. Die geplanten Ausgleichsmaßnahmen an anderem Ort sind nicht geeignet, den Eingriff in Natur und Landschaft auszugleichen.

Der BUND geht davon aus, dass im politischen Abwägungsprozess das gesetzliche Gebot der Eingriffsminimierung in unzulässiger Weise nicht hinreichend beachtet wurde. Alzey ist mit Bauland sehr gut und über den mittelfristig erkennbaren Bedarf hinaus versorgt. Das Argument, hochpreisige Premiumbauplätze für Besserverdienende zu schaffen, ist im Blick auf die Schwere des Eingriffs nicht hinreichend belastbar. Bauland ist genug da, der Eingriff ist vermeidbar und somit unzulässig, zumal er in seinen wesentlichen Wirkungen nicht ausgleichbar ist.

Eine soziale und ökologische Schieflage ist deutlich erkennbar.

Das Gebiet hat einmalige auch touristische Entwicklungspotentiale für Natur und Naherholung, für Alzeyer und Gäste.

Diese Potentiale zu wecken ist Aufgabe einer am langfristigen Gemeinwohl orientierten Kommunalpolitik. Im Hinblick auf nachhaltige Entwicklung hält der BUND es für kurzsichtig, durch öffentlich-rechtliche Planungen zu Gunsten privatwirtschaftlicher Interessen fruchtbare Entwicklungsmöglichkeiten für die Stadt insgesamt auf ewig zuzuschütten.

„Wir lehnen dieses Vorhaben ab, fordern eine umfassende floristische, faunistische Standortanalyse, welche insbesondere die Entwicklungspotentiale auch für die Naherholung darstellt“, so Volker Söllner vom BUND und fügt hinzu: “Bezüglich der Finanzierung bieten wir unsere Gesprächsbereitschaft an und erwarten von der Kommunalpolitik ein ergebnisoffenes Moratorium für die Planungen und vom „Investor“ ein klares Bekenntnis und Handeln mit Blick auf langfristige Gemeinwohlorientierung auch von Unternehmern. Wir sind gesprächsbereit und lassen uns durchaus belehren, mit Argumenten allerdings!“

Wegen der mehrmaligen geschichtlichen Erwähnung des Kalkofens seit dem späten Mittelalter hält der BUND weiterhin archivalische Recherchen und Vor-Ort-Untersuchungen für erforderlich.

Volker Söllner 26.09.2011

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Stellungnahme der Kreisgruppe Alzeyer Land im BUND

zur 5. Änderung des FNP und Vorhabenbezogener B-Plan Nr. 19 B „Am Kalkofen-Sonnenberg“

(25.08. 2011)

An die

Kreisstadt Alzey

Ernst-Ludwig-Straße 42

55232 Alzey


5. Änderung des FNP und Vorhabenbezogener B-Plan Nr. 19 B „Am Kalkofen-Sonnenberg“


Sehr geehrte Damen und Herren,

zu oben angeführtem Sachverhalt geben wir folgende Stellungnahme ab.


Vorbemerkungen

Selbstverständlich respektieren wir das grundgesetzliche Recht jeden Bürgers und Unternehmens auf Eigentum und dessen Gewinn maximierende Nutzung. Zwischen diesem Grundrecht und der Sozialpflichtigkeit des Eigentums besteht jedoch ein politisches Spannungsfeld, auf dem sich auch kommunale Planungen bewegen und dem sie sich nicht gänzlich ohne Glaubwürdigkeitsverlust entziehen können. Ähnliches gilt auch für das Selbstverständnis von Unternehmen und Unternehmern.

Dieses Spannungsfeld besteht zwischen den Polen quantitativer Planungsgewinne für Wenige einerseits und zahlreichen qualitativen Schutzgütern, deren Erhalt und Entwicklung einem nachhaltig wirksamen Gemeinwohl dienlich sind.

So ist es auch Aufgabe der Kommunen, Landschaft in ihrer Bedeutung für die Lebensqualität der Bevölkerung (!) zu erhalten und zu entwickeln (!). Und jeder soll zur Verwirklichung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege beitragen (§ 2 LNatSchG). Diese Forderungen finden eine Entsprechung in Art. 20a GG, in welchem dem Staat auch im Hinblick auf künftige Generationen der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen auferlegt wird.

Uns scheinen diese Vorbemerkungen mit dem Blick auf Medienberichte und Diskussionsbeiträge (Premiumstandort für Besserverdienende/Zuverlässigkeit von Aus-/Zusagen gegenüber Investoren) durchaus zulässig.

Weiterhin zur Sache

Nach Einsicht am 17.08.11 in die Plandarstellung (wie veröffentlicht), die bauplanungsrechtlichen Festsetzungen und nach meiner ausdrücklicher Anforderung und schließlich eingeholter Genehmigung durch die Bedienstete der Stadt ausgehändigte faunistische und Artenschutzverträglichkeitsuntersuchungen sowie mehreren Begehungen (2010/2011) ergeht folgende Stellungnahme i. e. S., welche allerdings nur das berücksichtigt, was bei deutlich erklärter und offensichtlich nur teilweiser Akteneinsicht erkennbar wurde. Insofern steht diese Stellungnahme unter ausdrücklichem Vorbehalt.

Der Steinbruch und sein landwirtschaftlich eher minderwertiges Umfeld stellen einen wertvollen, rheinhessentypischen Lebensraum für Erhalt und Entwicklung von Fauna und Flora trocken-heißer (xerothermer) Standorte dar. Ein Umweltbericht liegt nicht vor.

Der Steinbruch selbst und seine Ränder haben sich durch ungelenkte natürliche Sukzession zu wertvollen Strukturen als Brut-, Rast- und Nahrungsraum entwickelt. Gleiches gilt sinngemäß für die umliegenden, relativ extensiv genutzten landwirtschaftlichen Flächen. Unter Berücksichtigung der örtlichen/regionalen Strukturarmut und der ansonsten üblichen hohen Intensität der landwirtschaftlichen Nutzung, verbunden mit ausgeprägter Artenarmut in den Nahrungsketten, kommt solchen Standorten besondere Bedeutung zu.

Die topografische Exposition des Planungsgebiets führt zu erheblichen Belastungen des Landschaftsbildes über die Stadtgrenzen hinaus. Hinzu kommt, dass alle Dacheindeckungen (folglich auch reflektierende) zulässig sein sollen (Ziff. 2.1).

Die vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen a. a. O. auf wesentlich ertragsreicheren landwirtschaftlichen Böden sind nicht geeignet, die angeführten Eingriffswirkungen auch nur annähernd auszugleichen.

Wir gehen davon aus, dass im Abwägungsprozess das Gebot der Eingriffsminimierung in unzulässiger Weise nicht hinreichend beachtet wurde oder werden wird. Gestützt wird diese Bewertung auch durch die Tatsache, dass Alzey mit Bauland sehr gut und über aktuellen oder mittelfristig erkennbaren Bedarf ausgestattet ist und die im politischen Raum angeführten Argumente für eine Erweiterung des Bebauungsgebietes (dem volksmundlichen „Dokterberg“) mit hochpreisigen Premiumbauplätzen für Besserverdienende angesichts der Bedeutung der Eingriffswirkungen nicht hinreichend belastbar sind.

Wir lehnen folglich die Planung ab und fordern eine umfassende floristische und faunistische Standortanalyse, welche auch die Entwicklungspotentiale darstellt. Bezüglich der Finanzierung bieten wir unsere Gesprächsbereitschaft an und erwarten ein Moratorium in den Planungen bis zur Vorlage der Ergebnisse weiterer Gutachten.

Die mehrmalige geschichtliche Erwähnung des Kalkofens und sich wohl daran knüpfende Ereignisse (wie die Verbrennung von 60 Marodeuren durch Ruprecht II. nach der Schlacht bei Pfeddersheim 1388) erfordern darüber hinaus genauere, archivalische und Vor-Ort-Untersuchungen.


Mit freundlichen Grüßen

i. A.

(Volker Söllner)

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