Aus dem Kreistag

Kreistag, 15.12. 2009:

Kreisverband Alzey-Worms
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Haushalt und Abfallwirtschaftsplan für 2010

Rede zum Haushalt 2010 und zum Abfallwirtschaftsplan

 

Sehr geehrter Herr Landrat,

sehr geehrte Damen und Herren,

 

Ihre Ausführungen Herr Landrat zeigen, dass der Kreis sich nicht aus eigener Kraft aus der prekären Finanzsituation retten kann.  Hier bestand schon in der Vergangenheit Handlungsbedarf sowohl auf Seiten des Landes  als auch auf Seiten des Bundes. Aber die Landesregierung hat keinerlei Konzept für den Schuldenabbau der kommunalen Gebietskörperschaften.

Da die Aufgaben von oben nach unten verteilt werden, ist es müßig, über die Verteilung der Finanzmittel zu debattieren. Aufzuzeigen, wo im vergangenen Jahr Geld verschwendet wurde, kommt einer Erbsenzählerei gleich, denn es wurden nur Pflichtaufgaben erfüllt.  Wir sehen auch keinen Sinn darin, einen Haushalt abzulehnen, der seiner gesetzlichen Pflicht nachkommt. Ablehnung bedeutet hier, Ablehnung der bestehen Gesetze.

Die Landesregierung bürdet den Kommunen im Land immer mehr Aufgaben auf, ohne für die finanzielle und personelle Ausstattung zu sorgen.

Wir nennen die Schulstrukturreform, den Ausbau der Kinderbetreuung, die Einführung der kommunalen Doppik, die keiner versteht.

Die Kreise werden  in die Pflicht genommen, die neuen Reformen umzusetzen und zu finanzieren und der Grundsatz. „Wer bestellt, bezahlt“ wird konterkariert.

Das Konnexitätsprinzip, das eigentlich im Grundgesetz verankert werden müsste,  wird umgegangen und die Kommunen bleiben auf den Kosten sitzen.

Dass der Landkreis so hoch verschuldet ist, kann nicht an hausgemachten Fehlern in der Vergangenheit liegen, sondern liegt an den sinnvollen Investitionen, die umgesetzt werden mussten.

Wir fordern daher den kommunalen Finanzausgleich im Rahmen der Kommunal- und Verwaltungsreform neu zu regeln, sonst droht die vollständige Handlungsfähigkeit.

 

Wir möchten nicht auf hohem Niveau jammern, sehen aber, dass auf Landesebene sehr wohl Geld vorhanden ist. Wir kritisieren besonders die Vorgehensweise bei Modell- und Prestigeobjekten der Landesregierung. Sie müssen es mir gestatten, hier Stellung zu beziehen, weil diese Politik Auswirkungen auf der kommunalen Ebene hat.

Das Land hat Geld für seine Prestigeprojekte, die dann als wirtschaftliche Rohrkrepierer versenkt werden.

Als erstes wäre der Nürburgring zu nennen. 300 Millionen Euro wurden in den Sand gesetzt. Zweitens. Für den Straßenneubau wurden 400 Millionen ausgegeben,

weitere 400 Millionen und mehr für die Flughäfen im Land.

Mehr als eine Milliarde, die einfach so verpuffen.

Mit dieser Milliarde hätte die Finanzausstattung der Kommunen in Not behoben werden können. Hier hätte man nachhaltige Finanzpolitik betreiben können.

Eine Stärkung der Kommunen bedeutet mehr Impulse für mehr wirtschaftliche und soziale Aktivitäten. Das wären keine Rohrkrepierer geworden.

 

Es ist aber nicht nur die Landesregierung, die in der absoluten Mehrheit das Augenmaß der Verhältnismäßigkeit verloren hat. Wir kritisieren den Bund, dem bei der Förderalismusreform bis jetzt keine umfassende Gemeindefinanzreform gelungen ist. Zu Beginn des kulturellen Aufschwungs sprudelten teilweise die Einnahmen, die Finanz- und Wirtschaftskrise bringt uns jedoch einen weiteren politischen Stillstand. Angesichts der Steuerausfälle von 6 Millionen Euro im Landkreis bei gleichzeitig hohem Investitionsniveau wird es zu einem Kollaps kommen. Hier rächt es sich, dass CDU und SPD auf Bundesebene das Problem nicht an der Wurzel anpackten und die Gemeindefinanzen auf eine neue Basis stellten.

 

Ich wiederhole noch einmal: Der Kreis kann sich nicht aus eigener Kraft aus der prekären Finanzsituation retten.

Und dennoch, was er tun kann, sollte er tun. Der Kreis ist mehr als eine Verwaltung. Er ist das Gesamtpotential seiner Bürgerinnen und Bürger. Diese sollten unserer Meinung nach den Haushalt stärker mitgestalten können als bisher. Wir sollten Schritte in Richtung eines Bürgerhaushaltes gehen, wie ihn andere Landkreise und Städte bereits umsetzen. Ein erster Schritt könnte sein, den Haushalt komplett mit Erläuterungen ins Netz zu stellen. Dort könnte ein Forum für Anregungen geschaffen werden. Warum sollten Bürger bei Baumaßnahmen, im Naturschutz nicht konstruktive Vorschläge machen können?

 

Wenn die Kommunen wirklich die wichtigste Keimzelle der demokratischen Gesellschaft sein sollen, dann gilt es sie zu stärken und nicht auszubeuten.

 

Wie können wir handlungsfähig bleiben und die Glaubwürdigkeit bei den Bürgerinnen und Bürgern erhalten? Der Bürger will wissen, wo er dran ist, er will verlässliche Dienstleistungen. Hier können wir neue Strategien entwickeln und es gibt finanzierbare Angebote auf kommunaler Ebene. Den Bürgerhaushalt habe ich schon erwähnt.

 

Kommunaler Klimaschutz wäre ein weiteres Stichwort.

 

Inwieweit kommt der Kreis der Realisierung eines Green New Deal nach?

 

-       Auf kreiseigenen Gebäuden sollten Fotovoltaikanlagen installiert werden, die langfristig für zusätzliche Einnahmen sorgen. Der Kreis hat viele Flächen, die er bereitstellen könnte. Finanzierungskonzepte gibt es. Andere Landkreise sind uns diesbezüglich schon voraus.  Die Fördermöglichkeiten in Zusammenarbeit mit den Sparkassen und der Volksbank sollten thematisiert werden. Der gesamte Strombedarf des Landkreises könnte aus erneuerbarer Energie bestehen. Hier müssten die bestehenden Verträge mit der EWG neu geprüft werden.

 

Vor Jahren gab es regelrechten Widerstand gegen Windenergieanlagen in Rheinhessen, finanziell nicht rentabel, da zu wenig Wind,  Belastung der Umwelt etc. Heute kommen bereits 50% des erneuerbaren Stromes in Rheinhessen aus umliegenden Windkraftanlagen.

 

-       Die Zusammenarbeit mit der EDG war richtig, sie sollte sich aber nicht nur auf Blockheizkraftwerke beschränken.

-       Außerdem fordern wir einen weiteren Ausbau und eine weitere Umsetzung des Konzeptes „Bioenergieregion Rheinhessen-Nahe“

-       Wir stellen den Antrag, einer Anhörung der EDG im Kreistag.

-      Welche Möglichkeiten von energieeffizienten Infrastrukturen sind im Landkreis umsetzbar?

-      Gibt es die Möglichkeiten der Null-Emissionen in einer Bioenergieregion Rheinhessen?

Der Bürger will verlässliche Dienstleistungen, er will Vertrauen in die Verwaltung vor Ort.

-      Wir fordern die Schaffung einer Energieberatung innerhalb der Kreisverwaltung. Zusammen mit der Verbraucherschutzzentrale kann informiert und sensibilisiert werden. Die Akzeptanz für Bioenergie wird gefestigt  und die Kommunikation zwischen Verwaltung und Bürger wird verbessert.

-      Die Kreisverwaltung müsste mehr beraten, auf Fördermöglichkeiten hinweisen, könnte kostenlose Energiechecks für Familien mit niedrigem Einkommen anbieten.

 

Lassen Sie mich zusammenfassen, ein Green New Deal durch mehr Beratung, Aufklärung und Information sowohl mit  privaten als auch  öffentlichen Partnern. Durch Beratungsaktivitäten werden nicht nur Arbeitsplätze erhalten, sondern auch neue erschaffen.

Nach dem Bürgerhaushalt, dem kommunalen Klimaschutz wäre da noch die Rekommunalisierung

 

Rekommunalisierung heißt verlässliche Dienstleistungen zu geringeren Kosten

 

Wir haben Vieles in der Vergangenheit privatisiert und aus den Händen gegeben. Dienstleistungen wurden privaten Firmen übertragen, die nicht schlecht auf Kosten der Bürger verdienen. Wir haben vor einiger Zeit einen Antrag zur Rekommunalisierung in der Abfallentsorgung gestellt und man hat uns abgewiesen. Inzwischen sind wir soweit, dass wir ernsthaft darüber nachdenken sollten.

Ich möchte mit einem Beispiel beginnen, wo uns Rekommunalisierung nicht nur viel Ärger erspart hätte, sondern auch Millionen von Euro.

Vor einigen Jahrzehnten hätte die Kreismülldeponie aufgekauft werden können. Die damaligen Kommunalpolitiker zögerten und glaubten, irgendwann ein noch besseres Geschäft zu machen oder sie hatten einfach Angst oder sie waren zu träge. Ein fataler Fehler, der uns schon hunderte von Millionen gekostet hat. Natürlich ist es vorbei. Damals fehlte der Mut zu sagen, jawohl wir kaufen die Deponie und bewirtschaften sie selbst.

 

Heute haben wir viel Ärger mit dem Ausschreibungsverfahren des Mülltransportes.

 

-       Wie wäre es mit der Rekommunalisierung beim Mülltransport? Wir hätten keinen Ärger mehr bei den Ausschreibungen, man bräuchte sich nicht über vergessene Kündigung bei Verträgen zu ärgern, die Arbeitsplätze wären auf Jahrzehnte gesichert, wir bräuchten keine Anwaltskanzlei, die juristisch berät. Die Gewinne der Privaten kämen dem Abfallwirtschaftsbetrieb zu Gute, wir  hätten keinen Ärger mehr mit bekannten Unternehmen.

 

-       Die Gebühren könnten langfristig gesenkt werden. Der Bürger hätte Vertrauen in unsere Dienstleistungen.

 

-       Wir wären auch flexibler beim Einsammeln von Wertstoffen wie Altmetall und Schrott. Den Bürger müsste bewusst gemacht werden, dass die Abgabe beim Kreis langfristig die Abfallgebühren stabilisiert oder auch senkt. Die Schrotthändler könnten als Zwischenhändler auftreten, aber die Haupteinnahme ginge an den Kreis und nicht in  private Hände.

 

Lassen Sie mich zusammenfassen,

wir fordern mehr Aktivitäten im Bereich des kommunalen Klimaschutzes und die Hinwendung zur Rekommunalisierung im Entsorgungsbereich.  Dies geht nicht von heute auf morgen, aber es ist auch für uns umsetzbar.

 

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stimmen dem Haushaltsplan und dem Abfallwirtschaftsplan 2010 zu, wir danken Ihnen und besonders der Verwaltung für die konstruktive Zusammenarbeit  und wünschen ein gesegnetes Weihnachtsfest.

Elisabeth Kolb-Noack

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