vom 07.09. 2009:
Nach dem interessanten Vortrag von Dr. Acocella erscheint es dringend geboten, die Überlegungen zur Stadthalle neu aufzunehmen.
Roter Faden des Vortrags war doch, die Urbanisierung der Innenstadt, vor allem durch die Belebung oder Wiederbelebung bislang toter oder kaum genutzter Plätze und Räume. Beispiele waren der Kronenplatz, der „Noch“-Hinterhof hinter dem Fischgeschäft am Rossmarkt, der Obermarkt. Ziel ist die Schaffung eines zentralen Versorgungs-, aber auch Lebens- und Erlebnisraums, inmitten einer historischen Stadt eine Zentrierung. Auf diesem Weg ist Alzey bereits ein gutes Stück voran gekommen. Der Rossmarkt ist auch deshalb so belebt, weil hier das architektonische Erbe selbstbewusst und identitätsstiftend präsentiert wird. Hier gab es ein klares Konzept, das konsequent umgesetzt wurde. Nicht zuletzt dürfte die klare Entscheidung, den Platz fast autofrei zu gestalten und die gute fußläufige Erreichbarkeit dafür entscheidend sein.
Von diesem Beispiel sollte man lernen, auch was die Stadthalle anbelangt. Auch sie liegt noch im Innenstadtbereich. Man kann sie bequem zu Fuß über die Fußgängerzone und den Torbogen in der St.-Georgen-Straße erreichen, ohne mit Autoverkehr in Berührung zu kommen. Nach einer anregenden Tagung oder Abendveranstaltung laden der traditionsreiche Ratskeller mit seinem kulinarischen Angebot oder die umliegenden Kneipen noch zu einem „Absacker“ ein. Vielleicht weckt auch die nahe gelegene Fußgängerzone noch die Lust auf einen Abendbummel.
Der Standort Schulmensa liegt an der Peripherie. Spätestens nach Schulschluss ab 15.30 Uhr ist dort der Hund begraben. Er liegt außerhalb des Altstadtbereichs, im doch ziemlich seelenlosen Schulzentrum inmitten eines Wohngebiets, abgetrennt durch die Römerstraße, die ähnlich wie die Hospitalstraße als Barriere wirkt. Dies vermindert die Lust, dortige Veranstaltungen zu Fuß aufzusuchen. Man setzt sich ins Auto, um hin zu kommen. Wer keinen Pkw hat, bleibt lieber gleich zuhause. Nach der Veranstaltung bieten sich keine Alternativen. Umliegende Gaststätten sind nicht vorhanden, so dass sich jeder schnell wieder in seine Blechbüchse setzt und heim fährt. Die innerstädtische Gastronomie kann davon wohl kaum profitieren, eine positive Wirkung auf die Innenstadt gibt es nicht.
Auch für den Ratskeller könnte die Entscheidung tödlich sein. Ein Abriss des Saalbaus, die Neuerrichtung eines Parkdecks an seiner Stelle, machen ihn zum Solitär. Wer hat schon Lust, die von gestapeltem Blech umgebene Gaststätte aufzusuchen. Das sollte man sich mal bildlich vorstellen. Wir laufen schon wieder Gefahr, anstatt einen Platz zu beleben, einen weiteren Abstellraum zu schaffen. Besser wäre es, durch eine autofreie Neugestaltung des Platzes zwischen St.-Georgen-Straße den Ratskeller und die neue Stadthalle mit dem Torbogen als Entree fußläufig an das Zentrum anzubinden. Statt des Lebens sollten wir lieber das Blech an die Peripherie verlagern. Als Alternative könnten die bislang provisorischen Parkplätze rund um das JuKu ausgebaut werden, wenn unbedingt nötig auch mit einem Parkdeck. So gebe es Parkfläche für das Schulzentrum, gleichzeitig aber auch für die Stadthalle und die Fußgängerzone. Autofahrer müssten dann die Überquerung der Römerstraße in Kauf nehmen, was aber wohl zumutbar ist.
Dr. Acocella hat die Vision eines urbanen, lebendigen Zentrums angerissen. Dabei wurde auch deutlich, wie wenig die Mär von der Parkplatznot in Alzey mit der Realität zu tun hat, wie sehr er sogar dem eigentlichen Ziel im Weg steht. Der teure Ausbau von Straßen, der Neubau von Kreiseln, kurioser Weise auch - zum Schaden des Zentrums - um schneller ins Industriegebiet zu kommen, nehmen uns die finanziellen Ressourcen, z.B. auch für die Umgestaltung oder den Neubau der Stadthalle.
Jochen Hinkelmann