Stadtratsfraktion Alzey
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Tel.: 06731-7316
Detlev Neumann
(Frakionssprecher)
Am Grün 9
55232 Alzey
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Ortsverband Alzey

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Resolution zur Unterstützung der Initiative

"Kommunales Wahlrecht für Alle"

Der Stadtrat hat mit den Stimmen von SPD/FWG, GRÜNEN und LINKEN auf Antrag des Beirates für Migration und Integration der Stadt Alzey eine Resolution verabschiedet, mit der die Unterstützung der Initiative "Kommunales Wahlrecht für Alle" beschlossen wurde. Gegen die Resolution stimmten CDU und Bürgermeister Burkhard. Der FDP-Vertreter enthielt sich. Die Inititative hat eine Änderung des Grundgesetzes zum Ziel, durch die in der BRD lebenden Ausländern aus Drittstaaten - Staaten, die nicht der EU angehören - das kommunale Wahlrecht zu gewähren.

Hier der Text des Antrages und der Redebeitrag der Fraktion der GRÜNEN.

Antrag:

Betreff: Resolution zur Unterstützung der Initiative "Kommunales Wahlrecht für Alle"

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Burkhard,

zur nächsten Stadtratssitzung, die wir auch gerne mit Ihnen besprechen möchten, stellen wir folgenden Antrag: - Der Stadtrat möge beschließen:

Resolution zur Unterstützung der Initiative "Kommunales Wahlrecht für Alle"

Der Alzeyer Stadtrat unterstützt die Einführung eines kommunalen Wahlrechts für alle Ausländerinnen und Ausländer, die rechtmäßig und dauerhaft in Deutschland leben. Die Stadt Alzey wird im Verbund mit anderen Kommunen auf Bundes- und Landesebene mit dem Ziel tätig werden, dass Bundestag und Bundesrat die notwendige Grundgesetzänderung vornehmen, um das kommunale Wahlrecht auf alle Migrantinnen und Migranten ausdehnen zu können.

Die politische Teilhabe an Wahlen und Abstimmungen ist eines der Kernelemente jeder demokratischen Verfassung, so auch unseres Grundgesetzes. Viele demokratische Länder haben in ihren jeweiligen Verfassungen dieses bedeutende Grundrecht bei Kommunalwahlen nicht von der Staatsangehörigkeit der Einwohnerinnen und Einwohner abhängig gemacht, sondern allein vom dauerhaften Lebensmittelpunkt der Menschen.

In der Bundesrepublik Deutschland leben gegenwärtig ca. 4,5 Mio. Ausländerinnen und Ausländer, die kein Recht auf politische Teilhabe bei Kommunal wählen haben. In Alzey leben gegenwärtig 1310 Personen. Sie sind Staatsangehörige von Ländern, die nicht der Europäischen Union angehören - sogenannte Drittstaater. Eine demokratische Bürgergesellschaft kann es sich auf Dauer nicht leisten, einen großen Teil ihrer Mitglieder von elementaren Mitwirkungsrechten auszuschließen.

Für die Identifikation aller Migrantinnen und Migranten mit der Kommune, in der sie leben, und damit letztlich für den Erfolg von Integrationsprozessen ist das kommunale Wahlrecht eine wichtige Bedingung. Es ermöglicht demokratische Teilhabe und Mitwirkung z.B. bei der Gestaltung des unmittelbaren Wohn- und Lebensumfeldes.

Redebeitrag:

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Stadtratsfraktion Alzey
Ratssit
zung am 17.01. 2012
TOP I/1 Resolution zur Unterstützung der Initiative „Kommunales Wahlrecht für Alle“


Laut Statistischem Bundesamt lebten Ende 2011 etwa 6,93 Mio. Einwohner mit ausländischer Staatsangehörigkeit in der BRD.

Davon haben etwa 2,60 Mio. EU-Staatsangehörige das kommunale Wahlrecht.

4,33 Mio. Angehörige von Drittstaaten sind davon ausgeschlossen.


78,5%= 5,44 Mio. der ausl. Bevölkerung lebte Ende 2011 seit mehr als 6 Jahren in der BRD,

67,1% = 4,65 Mio. der ausl. seit mehr als 10 Jahren,

40,1% = 2,5 Mio. seit 20 oder mehr Jahren


Drittstaater: 82,4% (=3,57 Mio) mehr als 6 Jahre

70,1% (=3,037 Mio) mehr als 10 Jahre

38,7% (=1,675 Mio) mehr als 20 Jahre


Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer aller Ausländer steigt an und lag Ende 2011 bei 19 Jahren.

Diese MigrantInnen haben sich dauerhaft hier niedergelassen. Sie leben rechtmäßig hier. Sie sind Einwohner dieses Landes. Aber Einwohner zweiter Klasse. Die Entscheidungen in der Kommune betreffen sie wie alle anderen. Aber sie haben kein Wahlrecht. Sie unterstehen den deutschen Rechtsnormen, haben aber keine Möglichkeit, sie mitzugestalten.

Gerade in den Kommunen sind Möglichkeiten der Mitbestimmung sinnvoll und umsetzbar. Hier liegt eine wichtige Ebene der Integration. Hier findet das Alltagsleben in all seinen Facetten statt. Kommunale Themen wie Kindergärten und Schulen, Kultur und Sport, Stadtplanung, Verkehrsplanung usw., usw. betreffen alle Einwohner, ob deutsche Staatsbürger oder Ausländer.

1989 wollte Schleswig-Holstein das kommunale Wahlrecht für Angehörige einiger europäischer Staaten einführen. 1990 hatte das Bundesverfassungsgericht dies für verfassungswidrig erklärt. Allerdings bezog sich das auf Länderregelungen. Eine Änderung des Grundgesetzes wurde nicht ausgeschlossen.

Und siehe da: Das kommunale Wahlrecht für Bürger der EU wurde 1992 durch eine Änderung des Grundgesetzes ermöglicht.

Einige Jahre später gab es wiederum Initiativen zur Einführung des kommunalen Wahlrechtes für Drittstaater. So z.B. durch das Land Rheinland-Pfalz 2007. In der Folgezeit gab es mehrere weitere Vorstöße von SPD,. GRÜNEN und LINKEN. Die Bundestagsfraktion der GRÜNEN hatte 2008 einen Gesetzentwurf eingebracht, der eine Änderung des Grundgesetzes zum Ziel hatte. Auch 2010 gab es ähnliche Initiativen im Bundestag. Bis heute allerdings ohne Erfolg.

In 16 EU-Ländern dürfen auch Drittstaater an Kommunalwahlen teilnehmen. Eine Gruppe fortschrittlicher Länder hat als „Vorreiter“ ein weitgehendes kommunales Wahlrecht für Drittstaatsangehörige eingeführt. Eine zweite Gruppe, die „Pragmatiker“, hat es in eingeschränkter Form eingeführt. Eine dritte Gruppe von „Bremsern“ koppelt das kommunale Wahlrecht weiterhin an die eigene Staatsbürgerschaft. Zu diesen Bremsern zählt auch die Bundesrepublik. Aber das muss ja nicht so bleiben.

Demokratie in der Kommune braucht die Stimmen aller. Wir GRÜNEN fordern seit Bestehen der Partei die demokratische Mitbestimmung derjenigen, die dauerhaft in Deutschland leben. In unserem ersten Alzeyer Kommunalwahlprogramm der GRÜNEN von 1984 heißt es: „unsere ausländischen Mitbürger sollen einen Ausländerbeirat wählen, der im Stadtrat Antragsrecht erhalten soll. Längerfristig streben wir das kommunale Wahlrecht für Ausländer an.“

Das Wahlrecht ist ein grundlegender Teil der Demokratie. Besonders ein kommunales Wahlrecht trägt zur wechselseitigen Integration bei. Es ist es eine Frage der Gleichberechtigung und ein Zeichen von Akzeptanz, die ausländischen Mitbürger kommunal wählen zu lassen. Allein der Grundsatz, dass ein Recht wie das kommunale Wahlrecht vorhanden ist, gibt Menschen Auftrieb. Integration umfasst auch das Recht auf Mitsprache und Teilhabe.

Die Initiative „Kommunales Wahlrecht für alle“ ist begründet. Der Slogan „Demokratie braucht jede Stimme!“ zutreffend. Wir stimmen dem Antrag also zu.

Noch eine Nachbemerkung: Das kommunale Wahlrecht ist eines vom mehreren Themen im Zusammenhang mit politischer Gleichberechtigung. Weitere wichtige Felder sind die Erleichterung von Einbürgerung wie auch das Akzeptieren von Mehrstaatlichkeit.

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