vom 19.01. 2009:
ALZEY Der städtischen Baugesellschaft gehört das Wohnhaus Spießgasse 85 / Ecke Friedrichstraße (nach dem Bauherrn Haus Lehne genannt ). Das Haus Lehne wurde in die derzeit in Arbeit befindliche Denkmaltopographie des Landkreises aufgenommen und wird von Fachleuten der Denkmalpflege als mindestens schutzwürdig bewertet. Auch unter stadt- und regionalgeschichtlichem Gesichtspunkten hat das Haus Lehne eine besondere Bedeutung.
Seit langem wurde das Haus nicht unterhalten und seit etwa 2007 steht es leer. Anfang der 90er Jahre sind Bodensetzungen aufgetreten, die zu Rissen im Mauerwerk im Eckbereich Spießgasse / Friedrichstraße geführt haben. Deren Entstehungsgrund ist offiziell unklar. Vermutungen sehen Kanalbaumaßnahmen als eine mögliche Ursache an.
Nach der Forschreibung des Sanierungsrahmenplanes der Stadt Alzey ist vorgesehen, die Spießgasse zwischen Glockenturmweg und Friedrichstraße zu verbreitern, um wieder eine zweispurige Verkehrsführung zu ermöglichen. (Vor einigen Jahren war die zweispurige Straße zur Einbahnstraße umgewidmet worden, weil im Kreuzungsbereich Ecke Friedrichstraße die Verkehrsprobleme durch abbiegenden Verkehr ausuferten.)
Für das neue Sanierungskonzept müssten die Gebäude Spießgasse 77 (ehemals Hertel) und auch das Haus Lehne der Spitzhacke zum Opfer fallen. Auch die in der Friedrichstraße anschließenden Gebäude, eines städtisch, eines in privatem Besitz, sind tendenziell bedroht.
Die Grünen-Fraktion hat sich gegen Abrisspläne ausgesprochen und im Aufsichtsrat der Baugesellschaft eine Besichtigung des Hauses Lehne erreicht, die am 20. Januar 2009 durchgeführt wurde. Mit einem Boden- sowie Baugutachten sollten Möglichkeiten einer Instandsetzung ermittelt werden.
In dem gesamten Bereich zwischen Spießgasse 75 (Prinz Emil) und der Friedrichstraße ist, so die Grünen, ein klassischer Fall für ein Sanierungsprojekt gegeben. Hier könnte ein Teil des alten Alzey vor dem Niedergang gerettet werden und ein hervorgehobener Bereich der Innenstadt attraktiv instandgesetzt werden.
Anlässlich der Verabschiedung des Wirtschaftsplans 2009 der Baugesellschaft im Stadtrat haben die Grünen einige Ausführungen zu dem Haus vorgetragen.
Redebeitrag im Stadtrat (19. 01. 2009):
Wir stimmen der Vorlage <dem Wirtschaftsplan> zu und möchten Ihr Interesse auf ein Thema lenken, das bisher nur am Rande behandelt wurde.
Es geht um das Gebäude Spießgasse 85 / Ecke Friedrichstr.
Das Haus steht leer und wird nicht unterhalten; wir meinen, das ist kein würdiger Zustand für ein denkmalwürdiges Haus. Dieses Haus wird in Denkmaltopographie des Landkreises aufgenommen und wird von Fachleuten einhellig als denkmalwürdig eingeschätzt.
Insbesondere das Treppenhaus mit antikisierenden römischen Motiven (auch französisches Motiv) von Liktorenbündeln (Rutenbündeln) und seltenen Messingaufsätzen wird als Besonderheit eingeschätzt.
Das Haus wurde 1834-36 vom damaligen Advokaten am Kreisgericht, Eduard Lehne, erbaut. und damit kommen wir zur geschichtlichen Bedeutung des Gebäudes.
Eduard Lehne ist Sohn von Friedrich Lehne, der sich als Jurist, Politiker, Wissenschaftler und Publizist zunächst in der Mainzer Republik von 1792/93 engagierte und nach dem Ende der „Franzosenzeit“ in Mainz als Stadtbibliothekar und als Redakteur der bedeutenden „Mainzer Zeitung“ wirkte. Friedrich Lehne war seinerzeit eine sehr bekannte Persönlichkeit.
Eduard Lehne betätigt sich zwischen 1847 und 1856 als liberaler Politiker in der zweiten Kammer des hessischen Landtages in Darmstadt, dessen zweiter Vizepräsident er 1849 50 ist. Dort vertritt er nacheinander die Wahlkreise Worms, Alzey und Osthofen.
Er ist 1848 im Frankfurter Vorparlament Mitglied des „Fünfziger-Ausschusses“.
Wir sind der Meinung, dieses Haus sollte saniert und vermietet werden. Dies würde diese exponierte Stelle im Stadtbild deutlich aufwerten. Hier sind wir gefordert.
In Großstädten sind solche Bürgerhäuser begehrte Objekte.
Bündnis 90/Die Grünen
Stadtratsfraktion