Stadtratsfraktion Alzey
Die Fraktion besteht aus:
Jochen Hinkelmann
Am Kapellenberg 15
55232 Alzey
Tel.: 06731-7316
Detlev Neumann
(Fraktionssprecher)
Am Grün 9
55232 Alzey
Tel.: 06731-6663
Ortsverband Alzey

gruene-stadtrat-alzey(at)kabelmail.de

Umstellung auf Recyclingpapier

Die GRÜNEN haben in der Ratssitzung am 28.02. 2011 beantragt, dass die Stadtverwaltung ihren Papierbedarf künftig durch Recyclingpapier deckt.

Der Antrag wurde bei 4 Ja-Stimmen, 19 Nein-Stimmen und 5 Enthaltungen abgelehnt.

Hier der Antragstext und der Redebeitrag im Stadtrat:



a) Antrag: Umstellung auf 100 Prozent Recyclingpapier


Beschlussvorlage:


Die Stadt Alzey folgt dem Beispiel vieler Städte und verwendet zukünftig nur noch Recyclingpapier. Kriterium für den Kauf ist das Umweltsiegel „Blauer Engel".

Begründung:

Alle Argumente, die bislang gegen die Verwendung von Recyclingpapier sprachen, sind überholt. Mit dem Blauen Engel gekennzeichnetes Recyclingpapier ist uneingeschränkt druckertauglich, archivbeständig und urkundentauglich. In der Öko-und Klimabilanz ist es konventionellem Papier ohnehin weit überlegen.

(Jochen Hinkelmann)

Anlagen:
Deutscher Städtetag, „Deutschlands recyclingfreundlichste Städte"
(www.papieratlas.de)
Grafik „Klimaschutz beginnt beim Papier" zur Ökobilanz
Umweltvorteile und technische Eignung von Recyclingpapier
(www.papiernetz.de)




b) Redebeitrag im Stadtrat:

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Stadtratsfraktion Alzey
Stadtratssitzung am 28.02. 2011
TOP I/4 Antrag Grüne: Umstellung auf 100% Recyclingpapier


Weltweit werden täglich Waldflächen abgeholzt, die so groß wie 15 Fußballfelder sind. Das ist pro Jahr ein Verlust von rund 13 Mio. ha Waldfäche – etwa die doppelte Fläche Bayerns. Der Weltholzverbrauch steigt stetig bei geringer werdender Waldfläche.

Ein Teil des Holzeinschlags wird für die Papierherstellung verwendet. In Deutschland werden jährlich etwa 20 Mio. t. Papier verbraucht. Damit zählen wir weltweit zu den Spitzenreitern - im negativen Sinne.

Um Papier aus Frischfasern herzustellen werden erhebliche Mengen an Holz, Wasser und Energie verbraucht und CO2 freigesetzt. Auch die Versauerung der Böden wird begünstigt.

Durch die Herstellung von Recyclingpapier aus Altpapier lässt sich der Ressourcenverbrauch erheblich verringern – nämlich um etwa 60%.

<Einspareffekt bei 1 t Papier: Altpapier / Holz 62,6%; Wasser 60,7%; Gesamt-Energie-Verbrauch 60,9%; CO2 16,4%>

Bei Recyclingpapier sorgt der Blaue Engel für die besten Standards in der gesamten Ökobilanz des Papiers hinsichtlich Herstellung, Gebrauch, Lebensdauer, Entsorgung, sparsamem Einsatz von Rohstoffen.

Eine Studie der „Initiative Pro Recyclingpapier“ und der Unternehmensberatung A.T. Kearney aus 2010 (Recyclingpapier u. ökol. Nachhaltigkeit) stellt zu den Eigenschaften von Recyclingpapier fest:

„Recyclingpapier ist heute ein modernes, technisches Hochleistungsprodukt, das in allen Bereichen sowie zu (nahezu) jedem Zweck zum Einsatz kommt. Hinsichtlich der qualitativen, haptischen und optischen Eigenschaften ist das Papier mit dem Blauen Engel mit Frischfaserpapieren vergleichbar. Es kann heute fast ebenso weiß sein wie Frischfaserpapier, fasst sich ebenso an und funktioniert reibungslos in Druckern und Kopiergeräten, kurz: Der Qualitätssprung von Recyclingpapieren der heutigen Generation macht es zu einer attraktiven Option, um gleichzeitig die vielfältigen Umweltvorteile zu nutzen.“

(Recyclingpapier u. ökol. Nachhaltigkeit, S.6)

Der Anteil des Recyclingpapiers an den rund 800.000 t Büropapier, das in D. verbraucht wird, liegt nach dieser Studie erst bei etwa 13% (Recyclingpapier u. ökol. Nachhaltigkeit, S.5). Die Studie stellt fest, dass 47% der Unternehmen, die schon Recyclingpapier verwenden, künftig noch mehr davon verwenden wollen. Auch Unternehmen, die es bisher noch nicht verwenden, planen zu 29% eine Umstellung auf Recyclingpapier beim Büropapier.

Im letzten Jahr haben 68 Großstädte – 85% aller dt. Großstädte – am Wettbewerb um die recyclingfreundlichste Stadt Deutschlands teilgenommen. Etwa die Hälfte hat Recyclingquoten von über 80% bis 100% erreicht.

Veranstaltet wird der Wettbewerb von der Initiative Pro Recyclingpapier. Kooperatiospartner sind das Bundesumweltministerium, das Umweltbundesamt und der Deutsche Städtetag.

Große Konzerne setzen ebenfalls verstärkt auf Recyclingpapier; z.B. die Deutsche Post DHL, Lufthansa, edding, ING DiBa.

Die Vorlage des Bürgermeisters spricht sich gegen die Verwendung von Recyclingpapier aus. Verwaltung bevorzugt danach wg. des Corporate Designs FSC-zertifiziertes Papier: Dieses Zertifikat bestätigt immerhin, dass das Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammt. Aber alles weitere, von der Produktion des Papiers bis zum Gebrauch und zur Entsorgung bleibt unberücksichtigt.

Und daher schneidet FSC-Papier bei der gesamten Ökobilanz deutlich schlechter ab, als Papier mit dem Blauen Engel. Neben den schon genannten Kriterien Ressourcen, Energie, Wasser garantiert der Blaue Engel auch die Begrenzung bzw. den Ausschluss bestimmter Chemikalien. Auch sind die Laufeigenschaften bei Büropapier und die Alterungsbeständigkeit durch Normen festgelegt.

Das ist bei FSC-Papier definitiv nicht der Fall.

Was das Corporate Design angeht und die Darstellung der Farben:

Recyclingpapier wird längst auch als hochwertiges graphisches Papier auch für Publikationen verwendet.

Die Farbtreue darf man in der Praxis nicht überbewerten. Ein Farbdruck mit einem Bürogerät erreicht nicht die Qualität des Offsetdrucks. Farbabweichungen sind technisch bedingt und im Alltag nicht zu vermeiden. Die Praxis erfordert das aber auch nicht.

Wenn Sie sich mal Muster der Alzeyer Farbe gelb ansehen, werden sie feststellen, dass die Farben schon in einer Vorlage voneinander abweichen können. Hier als Beispiel die Präsentationsmappe für das CD aus der Stadtratssitzung vom 22. März 2010. Hier finden Sie solche Farbabweichungen, die allerdings nicht ins Gewicht fallen.

Also: Die Farbtreue darf man in der Praxis nicht überbewerten.

Und selbst eine Anpassung der Farbwerte auf ein bestimmtes Papier ist alltägliches Handwerk und keine Zauberei.

Im Übrigen drucken alle üblichen Farblaserdrucker / Kopierer selbstverständlich auf Recyclingpapier, auch die Tonerfarben müssen nicht ersetzt werden. Auch hier gibt es den Blauen Engel, das ist aber nicht Teil unseres heutigen Antrags.

Zu der angeblichen Unwirtschaftlichkeit von Recyclingpapier:

Kleinverbraucher haben meist keine Kostenvorteile gegenüber Frischfaserpapier. Großverbraucher wie Betriebe oder Verwaltungen können erfahrungsgemäß 10% - 15% einsparen.

Ein konkretes Beispiel der Stadt Trier: Dort wurde Recyclingpapier in 2005 um 17% bzw. 26% günstiger eingekauft als herkömmliches.

Wie auf jedem Basar gilt auch hier: sich umschauen und handeln.

Und wenn es tatsächlich die genannten 5000 EUR – oder so – Mehrkosten wären – daran ginge der Haushalt der Stadt Alzey wahrlich nicht zugrunde.

Was das übergeordnete Thema Umwelt- und Klimaschutz angeht, so gilt auch in diesem Fall die Maxime „Global denken – lokal handeln.“ Von daher ist Recyclingpapier die richtige Wahl.

(Detlev Neumann)

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