Stadtratsfraktion Alzey
Die Fraktion besteht aus:
Jochen Hinkelmann
Am Kapellenberg 15
55232 Alzey
Tel.: 06731-7316
Detlev Neumann
(Frakionssprecher)
Am Grün 9
55232 Alzey
Tel.: 06731-6663
Ortsverband Alzey

gruene-stadtrat-alzey(at)kabelmail.de

Stadt verspricht Investoren Grundstück für

"Stadtquartier" für Demenzkranke

Vorbemerkung:

Seit einigen Monaten wurde über ein "Stadtquartier" für Demenzkranke in Alzey diskutiert (vgl. Stellungnahme der GRÜNEN). Investoren wollen auf einem jetzt städtischen 12.000 qm großen Grundstück eine abgeschlossene Wohnanlage für 120 Demenzkranke (mittlerer und schwerer Grad) errichten. Das Projekt wurde erstmals am 5. 3. 2012 im zuständigen städtischen Ausschuss von den Investoren vorgestellt. Am 16. 4. nochmals vor Fachpublikum und einzelnen Ratsmitgliedern, einem sog. "Runden Tisch". Die Informationen bestanden jeweils aus einem Vortrag mit Powerpointpräsentation, beim "Runden Tisch" wurde zu Beginn eine kurze Reportage des zdf gezeigt. Schriftliche Unterlagen sind nicht vorgelegt worden.

Vorbild soll die niederländische Einrichtung "De Hogeweyk" sein. Das Alzeyer Gelände wurde bisher als Gelände zur Erweiterung des Friedhofs vorgehalten und liegt zwischen dem Friedhof und dem Gewerbegebiet in der Albiger Straße. Auf ca. 12.000 qm soll die Anlage entstehen.

Der Stadtrat hat in seiner Sitzung am 25.06.2012 den Beschluss gefasst, dass den Betreibern "Bennewitz und Georgi" und dem Investor "Schetteler Unternehmungen" eine verbindliche Grundstückszusage gegeben wird - vorbehaltlich der Zustimmung zum Grundstückspreis im nichtöffentlichen Teil der Sitzung. Die Mehrheit der Ratsmitglieder stimmte mit Ja. Die Grünen stimmten mit Enthaltung bzw. mit Nein.

Hier das Redemanuskript zu diesem Tagesordnungspunkt.:

"Schon intensiv im ZDF-Ausschuss besprochen worden.

Deshalb nur noch ein paar Punkte aus meiner Stellungnahme heraus greifen und um einen weiteren Aspekt ergänzen.


Wir haben das relativ früh im Kreisverband diskutiert. Da gab es – für uns zunächst überraschend – massive Kritik an dem Projekt. Vor allem von Leuten, die in der Behindertenarbeit tätig sind.

Am 8.5. äußert sich Dr. Wolfgang Gather, Chefarzt der Gerontopsychiatrie in der RFK in der AZ ähnlich.

Zitat: Ganz generell liegt der Trend in der Behandlung demenzkranker Patienten in der wohnortnahen Betreuung in kleinen Einheiten. Zur Zeit entstehen in der Region viele Wohngruppen, in denen eine sehr familiäre und häusliche Atmosphäre besteht.

Im Internet findet sich ein Artikel der Zeitschrift „Soziale Psychiatrie“ vom Februar 2012.

Der Titel: „Medizinische Versorgung demenzkranker Menschen in der Kommune“. (Von Bernd Meißnest, Chefarzt der Klinik für Gerontopsychiatrie in Gütersloh).

Daraus nur zwei Zitate:

1. Eine gemeindepsychiatrische Vision für eine gute Altenhilfestruktur ist stadtteilbezogen und kleinräumig. Im Kreis Gütersloh gibt es über 500 Plätze, und es besteht eine hohe Nachfrage. Diese Hausgemeinschaften sind dezentral gut in Stadtteile integriert und in unterschiedlicher Trägerschaft.

2. Jeder Investor denkt zunächst an seine Rendite, und der Markt ist für alles offen.

Das ist inhaltlich auf der Linie von Dr. Gather.

Offenbar kristallisiert sich hier doch ein Modell heraus. Ein Modell, das auf Integration setzt, anstatt auf Segregation, mit der Schaffung von Sonderwelten.

Das Sozialministerium hat durchblicken lassen, dass man das Projekt nicht einschätzen kann und daher eine wissenschaftliche Begleitstudie durchführen will.

Was heißt das? Nix genaues weiß man nicht.

Auf die intensive, ärgerliche aber erfolgreiche Lobbyarbeit des Investors will ich hier öffentlich nicht mehr eingehen -

zu Verkaufspreis, Bodenrichtwert und dem Verfahren im nichtöffentlichen Teil.

Wir gehen davon aus, dass bei dem Projekt ganz klar kommerzielle Interessen im Vordergrund stehen.

Jedenfalls steht in den Sternen, ob es sich bei dem sog. Stadtquartier um ein Modellprojekt im positiven Sinn handelt. Es könnte auch ein Euphemismus sein, und sich als das genaue Gegenteil erweisen.

Wir werden bei beiden Vorlagen differenziert abstimmen.

(Jochen Hinkelmann)

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