Stadtratsfraktion Alzey
Die Fraktion besteht aus:
Jochen Hinkelmann
Am Kapellenberg 15
55232 Alzey
Tel.: 06731-7316
Detlev Neumann
(Frakionssprecher)
Am Grün 9
55232 Alzey
Tel.: 06731-6663
Ortsverband Alzey

gruene-stadtrat-alzey(at)kabelmail.de

Obermarkt: Anmerkungen zu einer

Unterschriftenaktion von Anliegern

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Stadtratsfraktion Alzey
Ratssitzung am 17.01. 2012
TOP I/3 Mitteilungen der Verwaltung -
Obermarkt, Initiative Eigentümer

Wir stellen fest: Die Kampagne um den Obermarkt geht munter weiter! Beschlüsse hin oder her!

Das Schreiben vom 16.11. an die anderen Eigentümer zeigt, dass viele Falsch-Informationen und Mutmaßungen im Umlauf sind.

So wird behauptet die Eigentümer seien nicht beteiligt worden.

Bereits 2006 führte die Architektenkammer eine gut besuchte öffentliche Infoveranstaltung durch, in der die Fraktionen ihre Vorstellungen zum Obermarkt präsentierten und zur Diskussion stellten.

Es gab öffentliche Veranstaltungen zum Einzelhandels- und zum Mobilitätskonzept in der Stadthalle, zu der jeder Bürger und jede Bürgerin eingeladen war. Und das ist auch richtig so – denn der Obermarkt gehört allen Alzeyern.

Der Vorwurf mangelnder Einbeziehung ist also unberechtigt.

Wer hier mehr will, muss prüfen, ob ein Bürgerbegehren möglich ist.

Es wird in dem Schreiben befürchtet, geschäftliche Aktivitäten seien nicht mehr attraktiv, wenn man die Parkmöglichkeiten verringert. Warum gibt es eigentlich so wenige geschäftliche Aktivitäten am Obermarkt? Möglicherweise, weil niemand in eine Abstellkammer investiert? Weil der Platz kein urbanes Leben zulässt? Weil der Autoverkehr dieses erstickt? Weil jeder Besucher am Ende des Fischmarkts auf dem Absatz umdreht?

Wir erleben hier das vertraute Muster gespeist aus dem bekannten Motiv der Angst:

Anstatt mutig die Vorschläge von Dr. Acocella aufzugreifen, beharrt man aus lähmender Angst auf dem Bestehenden. Das wird mit Sicherheit die Abwärtsspirale verstärken.

Zukunft verspricht nur, sich auf die Stärken der historischen Stadtstruktur zurück zu besinnen. Einmal wurde das gewagt, nämlich mit dem Ausbau der Fußgängerzone. Dieser Weg sollte konsequent weiter gegangen werden.

Man glaubt die Innenstadt zu retten, indem man die Drive-In-Strukturen des Industriegebiets imitiert.

Immer wieder wurde eingewandt, auf dem Obermarkt gebe es keine Gastronomie. Dr. Acocella hat Beispiele gezeigt, wo in mittelalterlichen Häusern durch Entkernung und Zusammenlegung von Erdgeschossflächen neue Räumlichkeiten geschaffen wurden. Durch einen attraktiven weitgehend autofreien Obermarkt könnte diese Gebäudezeile zu einem Filetstück werden.

Man könnte sich auch den Pavillon eines Straßen- und Eiscafes auf dem Platz vorstellen. Mit einer großzügigen Außenbestuhlung, als echtem Besuchermagneten. Vor den Cafes am Rossmarkt findet man ja kaum einen freien Platz. Dieses Cafe könnte auch die Bewirtschaftung übernehmen, wenn z.B. Konzerte oder Open-Air-Kino auf dem Obermarkt vor der illuminierten Nikolaikirche stattfinden. Das wäre Urbanität. Eine Abstellhalde wird zur guten Stube.

Im Schreiben heißt es, am Obermarkt seien keine öffentlichen Verkehrsmittel vorhanden. Auch das ist falsch.

Der Citybus hält hier 13 mal täglich. Auch häufig zu Schulbeginn. Auch an der Stadtverwaltung hält der Bus. Von hier aus kann man die Marienschule gut zu Fuß erreichen, ohne eine stark befahrene Straßen queren zu müssen. Außerdem sind auch Busfahrpläne veränderbar.

Dann wird auf die Probleme hingewiesen, die Eltern haben, wenn sie ihr Kind von der Schule abholen. Auch hier wird im Umkehrschluss ein Schuh draus. Eltern sind gezwungen, ihre Kinder abzuholen und hinzubringen, weil sie Angst haben, das Kind zu Fuß oder mit dem Fahrrad in die Schule zu schicken. Wegen des starken Autoverkehrs, der dadurch noch erhöht wird. Das ist ein Teufelskreis – und es wird höchste Zeit diesen Teufelskreis aufzubrechen.

Fragen Sie doch mal Kinder, was sie wünschen. Da erfährt man immer Folgendes: Mehr Platz zum Spielen, weniger Autos, weniger Lärm, weniger Gestank, eine saubere Umwelt.

Auch die Besucher der Gottesdienste werden bemüht. Dies sind häufig alte Menschen, die oft gar kein Auto haben. Von Dr. Acocella konnten wir erfahren, dass fast ein Drittel aller Alzeyer gar keinen Pkw hat. Wo sind wohl deren Interessen?

Ein Beispiel für verfehlte Platzgestaltung findet sich in Gelnhausen in Hessen:

Die Altstadt ist wunderschön mit vielen alten Fachwerkhäusern. Der zentrale Platz der Altstadt, der Untermarkt, ist ein Parkplatz. Wie sieht es aus? Der Platz, die Gassen und Geschäfte der Altstadt wirken leblos. Die einstigen Geschäfte rund um dem Untermarkt - das haben mir Anwohner erzählt - sind fast alle verschwunden.

Die Lebensmittelversorgung im Altstadtbereich hat ein Lieferwagen übernommen, der einmal pro Woche kommt).

M.D.u.H.: In dieser Debatte bekommen wir wieder die sattsam bekannte Fantasielosigkeit geboten. Eingefahrene Denk- und Verhaltensmuster. Mit Argumenten aus der Mottenkiste – a la ADAC. Da sind dann schon 3 – 400 Meter Fußweg unzumutbar. Ein öder zentraler Platz in der Innenstadt, dessen Potenziale verschenkt werden, ist aber überhaupt kein Problem.

M.D.u.H. wir brauchen nichts dringender als Vordenker. Leute, die sich noch die Fähigkeit bewahrt haben, über Alternativen nachzudenken, ja - die noch visionäres Potenzial haben. Die Stadt nutzt richtigerweise das Knowhow solch renommierter Leute. Sie sollte auch endlich den Mut haben, deren Ideen umzusetzen.

Dr. Acocella hat ein gutes Konzept vorgelegt. Wenn etwas eine positive Entwicklung verspricht, dann die Umsetzung seiner Studie.

Auch Verkehrsexpertin Gisela Stete leistet mit ihrem Mobilitätskonzept gute Arbeit – so weit es der vorgegebene Rahmen zulässt. Ich möchte hier nur die Überschrift eines Artikels von ihr zitieren Er ist im letzten Heft des Verkehrsclubs Deutschland erschienen:

„Verkehr fällt nicht vom Himmel – Wer lebenswerte Städte möchte, muss Alternativen zum Autoverkehr anbieten und die Bürger bei der Planung einbeziehen“. Das m.D.u.H. ist die Quintessenz moderner Verkehrswissenschaft und Stadtplanung.

Um all dies ringen Stadtrat und Verwaltung: Mit dem Einzelhandelskonzept, dem Mobilitätskonzept, und breiter Bürgerbeteiligung – allerdings ohne Einräumung von Exklusivrechten. Der Stadtrat hat daher – mittlerweile schon zweimal - mehrheitlich einen klaren Beschluss zum Obermarkt gefasst. Legitimiert durch die Wählerinnen und Wähler. Und wir hoffen, dass er weiter Haltung zeigt. Trotz immer neuer Anläufe in dieser Kampagne!

Wir brauchen Mut zur Zukunft, statt Beharrung auf dem schlechten Status Quo.

(Jochen Hinkelmann)

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